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Predigtvorschläge - 16. Sonntag im Jahreskreis (Lesejahr C)
1. Predigtvorschlag

von Pfarrer Klaus Klein-Schmeink (erstellt: 2004)

Marta, Marta, du machst Dir viele Sorgen und Mühen. Aber nur eines ist notwendig. Maria hat das Bessere gewählt, das soll ihr nicht genommen werden.

Liebe Schwestern und Brüder,

ich weiß nicht wie es Ihnen geht bei diesem Evangelium. Mir jedenfalls kam mir die Marta da immer irgendwie zu schlecht weg.
Immerhin ist es ja Marta, die Jesus bewirtet, sich um ihn kümmert, die wie es im Evangelium heißt ganz in Anspruch genommen (war), für ihn zu sorgen.
Irgendwie scheint Jesus da undankbar zu sein. Zumindest leuchtet seine Reaktion nicht sofort ein.

Seit dem Mittelalter gibt es folgende Deutung von Maria und Marta, die das Leben der Kirche weithin geprägt hat.

Maria, die zu Füßen Jesu sitzt, um ihn zu hören, steht für die kontemplative Kirche, also für jene, die sich in die Einsamkeit der Klöster oder Einöden zurückziehen, um ein Leben nur für das Gebet, die innere Sammlung zu führen.

Marta hingegen, steht für die Vita activa, für das Leben draußen in der Welt, unter den Leuten und für die Menschen, für das alltägliche und öffentliche Leben.

Beide Formen fanden ihren Niederschlag in einer Zweiteilung der Christenheit, zwischen den Christen in und den Christen außerhalb der Welt. Auch die Orden wurden nach diesem Schema eingeteilt: es gibt die beschaulichen, kontemplativen Orden, wie zum Beispiel die Kartäuser oder die Klarissen, die in strenger Abgeschiedenheit leben und beten.
Und es gibt die sogenannten tätigen, aktiven Orden, die sich der Kranken- oder Schulseelsorge oder einer anderen Pastoral widmen. Unsere Clemensschwestern würde man diese Gruppe zuordnen.

Marta, Marta, du machst Dir viele Sorgen und Mühen. Aber nur eines ist notwendig. Maria hat das Bessere gewählt, das soll ihr nicht genommen werden.
Es scheint, als ob Jesus die Maria der Marta vorzieht, als ob Jesus das beschauliche Leben, die vita contemplativa, dem tätigen Leben, der vita activa vorzöge.
Anders formuliert: Heißt das, dass ein Kartäusermönch ein besserer Christ ist als die Clemensschwester oder die Klarissin eine bessere Christin als die Hausfrau oder der Fabrikarbeiter? Ist Beten besser als Arbeiten und ein Sich-um-die-anderen-Sorgen?

Ist das wirklich so? Was will uns das Evangelium von heute mit auf den Weg geben?

Zu Beginn habe ich gesagt, dass es mir so vorKAM, dass Marta besser wegkäme als Maria. Meine Einstellung hat sich im Laufe der Jahre dazu geändert, weil ich diesen Teil des Evangeliums nun anders lese.

Marta, Marta, du machst Dir viele Sorgen und Mühen. Aber nur eines ist notwendig. Maria hat das Bessere gewählt, das soll ihr nicht genommen werden.
So sagt Jesus.
Er sagt eben nicht:
Marta, Du bist törichter oder dümmer oder weniger fromm als Deine Schwester Maria. Es ist unnütz den Haushalt zu führen und zu arbeiten. Nein, das sagt er eben nicht.

Das, was er sagt wird noch verständlicher, wenn man sich vor Augen führt, dass er auf die Frage Marta antwortet, die da lautet:
Herr, kümmert es Dich nicht, dass meine Schwester die ganze Arbeit mir allein überlässt? Sag ihr doch, sie soll mir helfen.
Marta scheint überlastet zu sein. Es ist ihr alles zu viel geworden. Sie ist überfordert, im Stress. Und wahrscheinlich sehnt sie sich danach, wie Maria einfach nur beim Herrn zu sein. Aber sie meint etwas anderes tun zu müssen.
Marta ist uneins mit sich selber, sie ist zerstreut, nicht ganz bei der Sache, steht neben sich.

Jesus hört die Frage und den kleinen Vorwurf Martas. Und er hört darin einen Hilferuf: "Herr, ich kann nicht mehr, ich weiß nicht, wo mir der Kopf steht!"

Marta, Marta, du machst Dir viele Sorgen und Mühen.
lautet seine Antwort. "Ich sehe, dass Du viel arbeitest. Arbeiten, für mich sorgen, das ist gut. Aber Du darfst Dir nicht zuviel abverlangen. Du musst auch zu Dir selber kommen. Dabei kann ich Dir helfen, wie Deiner Schwester Maria. Sie ist nicht faul, das weißt Du. Sie will bei mir zu sich selbst kommen, Kraft schöpfen für den Alltag. Und das ist eigentlich auch jetzt bei Dir dran. Nimm Dir die Zeit! Du spürst doch, dass Du es brauchst..."
Aber nur eines ist notwendig. Maria hat das Bessere gewählt, das soll ihr nicht genommen werden.

Es geht Jesus nicht darum, dass die vita activa schlechter sei als die vita contemplativa. Im geht es nicht darum zu sagen: Auf, alle ins Kloster zum Beten. So sollt ihr leben.
Dann fühlten wir uns wohl all vor den Kopf gestoßen.

Nein, beide, Maria und Marta haben ihren Platz in der Nachfolge Christi, sie lassen sich nicht gegeneinander ausspielen.

Worauf es ihm ankommt, ist zu zeigen, dass wir in all unserem Tun, in den alltäglichen Besorgungen und Beschwernissen mit uns selber uneins werden, uns Stress machen, neben uns stehen, wenn wir nicht immer wieder auf die Mitte unseres Lebens schauen: auf IHN, Jesus Christus, der bei uns ist, für uns da ist.

Maria sitzt zu den Füßen Jesu und hört ihm zu. So findet sie sich, so ist sie gesammelt.
Marta ist zu sehr mit allem möglichen beschäftigt, außer sich, zerstreut und sehnt sich letztlich nach dieser Sammlung.

Bei Jesus zu sein und bei sich zu sein, das ist etwas herrliches. Das spüren auch wir. Sonst wären wir nicht hier. Auch Paulus weiß das, wenn er in den Kolossern schreibt: Christus ist unter euch, er ist die Hoffnung auf Herrlichkeit.

Das Evangelium von Marta und Maria ist mir so immer wichtiger geworden. Weil es eine wichtige Botschaft Jesu an mich – und vielleicht auch an Sie - enthält:
"Du willst vieles Gute und Sinnvolle schaffen und tun. Das ist gut. Aber verliere die Mitte nicht aus den Augen. Wenn Du Dich nicht sammelst, nicht immer wieder mal zu mir kommst, zu mir betest, mit mir sprichst, dann läufst Du Gefahr, Dich zu verzetteln, zu zerstreuen. Komm zu mir und Du kommst zu Dir! Das verspreche ich Dir."

Innere Sammlung, kontemplative Momente geben unserem Alltag seine Richtung. Wir rackern dann nicht wie die Bescheuerten, sondern handeln eher wie die Heiligen, viel und gut.
Innere Sammlung heißt nicht die Realität aus den Augen zu verlieren, der Wirklichkeit zu entfliehen.
Innere Sammlung ist vielmehr ein Umarmen der Wirklichkeit, ein Anschauen der Wirklichkeit mit Jesu zusammen. Wenn wir auf ihn hören, wird er uns zur Ruhe kommen lassen, uns sagen, was zu tun ist und uns die nötige Kraft dafür schenken.

Ohne Gebet und innere Sammlung wird der Alltag zur Hölle, weil er so den Blick zum Himmel verstellt.
Ohne Gebet kann ich als Christ nicht meinen Alltag bewältigen.
Maria und Marta sind Schwestern und keine Gegner. Sie gehören zusammen. Sie sind füreinander da. So wie unser Alltag und das Gebet.

2. Predigtvorschlag

Der Sonntag - Leben aus der Mitte

An einem Sonntag im Sommer konnte ich die Kinder besuchen, die zur Ferienfreizeit unserer Gemeinde in den Odenwald gefahren sind. Das Wetter ist auch dort durchwachsen, und um an die Luft zu kommen, hatte ein Teil des Lagers am Sonntagnachmittag ein Elfmeterschießen auf der regennassen Wiese veranstaltet; am Ende waren alle zufrieden, naß und dreckig - wobei letzteres kein Problem ist, weil das Ferienhaus über fließendes warmes Wasser verfügt. - Als ich dann die Vorbereitungen traf für die verabredete gemeinsame Meßfeier um 18 Uhr, war ich ganz überrascht: Alle Kinder samt der Lagerleitung waren bereits eine Viertelstunde vor Beginn um den Altar versammelt und es herrschte eine feierliche Stille. Diese Gelegenheit nutzend, konnte ich dann die entscheidende Frage stellen: Warum denn kommen wir jetzt zusammen, nach so einem Tag, um miteinander den Gottesdienst zu feiern?

Sofort kam die Antwort: Weil heute doch Sonntag ist! - Das ist die erste, die beste und die richtigste Antwort. Der Sonntag ist ein besonderer Tag. An einem solchen Tag dürfen wir wieder einmal wirklich ganz bei uns und zugleich beim lieben Gott sein. Die Kinder hatten das gespürt. Es muß eine Zeit, eine regelmäßig wiederkehrende Zeit, geben, wo wir das tun und feiern. Dann geschieht das, was Maria erleben durfte, als Jesus kam: Der, der als Gast kommt - Jesus - ist in Wirklichkeit der Schenkende, der uns zu sich kommen läßt und dem wir zu Füßen sitzen dürfen. Maria, die das tut, tut „das Eine“. Sie bleibt bei Jesus und hört aufmerksam seinen Worten zu. Maria ist sozusagen der sonntägliche Mensch. Sie kann ganz loslassen und sich ganz auf das Eine konzentrieren. Sie erkennt, worauf es ankommt, und kann sich ganz darauf einlassen.

Marta dagegen ist uneins mit sich selbst. Sie hat Pflichten als Hausfrau und Gastgeberin, und die will sie erfüllen. Das ist nichts Schlechtes, sie hat etwas Richtiges und Wichtiges im Blick. Aber zugleich kommt bei ihr Neid auf: sie möchte auch im Wohnzimmer dabeisein und zuhören. Niemand hätte ihr das Recht dazu abgesprochen. Aber sie kann sich nicht zum einen oder anderen durchringen. Denn das Eine geht nicht, wenn sie zugleich das Andere auch will. Sich zu entscheiden, das bedeutet hier wie auch in vielen anderen Fällen: auf das andere zu verzichten. Entschieden zu leben, bedeutet auch, den Verzicht zu ertragen. Und das fällt Marta schwer. Und das fällt auch vielen von uns schwer. Gerade, wenn wir unseren Tages- und Wochenrhythmus betrachten: Wie viele Dinge müssen da untergebracht werden! Wie viele tatsächliche und eingebildete Pflichten müssen da erfüllt werden! Wundert uns da noch, wenn es vielen geradezu die Luft abschnürt, wenn sie nicht nur abgehetzt und erschöpft, sondern auch gereizt und verstimmt sind?

Genau dies hat unser Papst im Blick, indem er in einem eigenen Schreiben auf die Bedeutung des christlichen Sonntags hinweist. Nur vordergründig geht es ihm dabei um das sogenannte Sonntagsgebot, am Sonntag die heilige Messe zu besuchen. Dieses Gebot ist keineswegs von gestern und auch keineswegs überholt. Aber es muß im richtigen Zusammenhang gesehen werden. Die heilige Messe ist nicht ein zusätzlicher Termin oder eine lästige Verpflichtung, sondern die Mitte des Sonntags, die Mitte, die deutlich macht, worin sein Sinn besteht und was der Sonntag dem Menschen schenkt. - Der Papst möchte uns im Grunde nichts anderes sagen als das, was Jesus Marta gesagt hat: „Marta, du machst dir viele Sorgen und Umstände. Aber nur eines ist notwendig“ (Lk 10,41 f.) - Das heißt: erst die Mitte, das Leben aus der Mitte, schenkt dem Menschen Sinn und Erfüllung. Die Meßfeier am Sonntag hilft uns, daß wir Gott nicht vergessen und auch nicht vergessen, daß Gott uns beruft, einmal ganz bei ihm sein zu dürfen. Die Meßfeier am Sonntag hilft uns, unser Leben nicht ein-dimensional zu leben, sondern in einer neuen, wunderbaren Dimension: der Begegnung mit dem lebendigen Gott und mit Jesus, unserem Erlöser.

Martas Aufbegehren: sicherlich auch so etwas wie ein Hilferuf, eine Bitte an Jesus, er möge ihr helfen, doch die tragende Mitte des Lebens zu finden. Und wir können der Bibel selbst entnehmen, daß Marta aus dieser verkorksten Begegnung mit Jesus doch etwas gelernt hat. Als Jesus ein weiteres Mal zu ihr nach Betanien kommt, nach dem Tod ihres Bruders Lazarus, da bleibt sie nicht in der Küche. Da läuft sie ihm entgegen, und da schenkt sie ihm und uns das Glaubensbekenntnis, das nur ein Mensch sprechen kann, der ganz aus der Mitte heraus lebt: „Ja, Herr, ich glaube, daß du der Messias bist, der in die Welt kommen soll.“ (Joh 11,27).

Fürbitten