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Predigtvorschläge - 29. Sonntag im Jahreskreis (Lesejahr C)
1. Predigtvorschlag

von Pfarrer Klaus Klein-Schmeink (erstellt: 2007)

In jener Zeit sagte Jesus den Jüngern durch ein Gleichnis, dass sie allezeit beten und darin nicht nachlassen sollten.

Liebe Schwestern und Brüder,
durch die Liturgie der Kirche spricht Jesus auch heute zu uns. Das was er seinen Jüngern damals sagte ist nicht passé, vorbei, vergangen, ohne Bedeutung für das Heute.

Jedes Wort des Herrn ist auch an Dich und mich gerichtet. Jetzt, hier in Grafenwald, in der Kirche Hl. Familie sagt er zu jedem und jeder von uns, dass wir allezeit beten und darin nicht nachlassen sollten.

Warum sollen wir beten?
Beten heißt, mit Gott reden, Gott preisen, Gott danken, Gott bitten. Wer betet, lebt sein Leben mit Gott. Er rechnet mit Gott.

Wer betet, sagt letztlich: "Gott ist Gott. Niemand anders. Ich bin nicht Gott. Ich bin Mensch."
Wer betet, ist also ein Realist, wenn man so will.
Derjenige, der Gott aus dem Blick verliert, macht oft Dinge, Personen oder sich selbst zum Gott, zum Mittelpunkt und Ursprung des Lebens. Aber damit täuscht er sich selbst, lügt sich in die Tasche, verdrängt die Wirklichkeit.

Schlimmer noch: Wenn der Mensch sich selbst zum Gott macht, dann wird er unmenschlich den anderen gegenüber. Dann wird der barmherzige Vater oft durch einen grausamen Despoten ersetzt. Das sieht man an den gottlosen Regimes des Nationalsozialismus oder des Kommunismus.
Wenn der Mensch sich selber zum Gott macht, zum Maß aller Dinge, dann überfordert er sich gnadenlos selbst. Er stößt an seine Grenzen. Er läuft ständig Gefahr, diese Grenzen zu überschreiten und dann die Kontrolle zu verlieren. Denken wir nur an die Möglichkeiten aber auch Gefahren der Gentechnik. Der Mensch steht heute ständig unter Strom, weil er immer Angst haben muss, dass eine Maschine stehen bleibt, ein Kraftwerk in die Luft geht und so weiter.

Da, wo der Mensch sich selbst zum Maß aller Dinge, zum Gott macht, da verliert er seine Mitte, ja letztlich sich selbst.
Nur mit Gott ist der Mensch wirklich Mensch.
"Nur wer Gott kennt, kennt auch den Menschen" sagte Romano Guardini.

Viele Probleme unserer Welt, unserer Gesellschaft rühren aus einer Gottvergessenheit. Gerade Westeuropa ist gott-los geworden, wir haben ihn irgendwie verloren. Und damit auch das richtige Maß.

In jener Zeit sagte Jesus den Jüngern durch ein Gleichnis, dass sie allezeit beten und darin nicht nachlassen sollten.

Durch das Gebet lernen wir Gott tiefer kennen. Und damit auch uns.
Deshalb ist es auch die Kirche, die vieles über den Menschen sagen kann und zu sagen hat.
Wohlgemerkt die betende Kirche, nicht diejenige, die sich auf äußerliche Planungen, Sitzungen und Pastoralpapiere beschränkt.

Einer, der diese betende Kirche repräsentiert ist der Heilige Vater. Er selbst ist ein großer Beter. Deshalb hat er der Welt auch einiges zu sagen. Ich durfte das noch vor kurzem erfahren, zusammen mit einigen Pilgern aus Kirchhellen. Wir waren in Rom. Bei der Audienz.

Man wirft ihm dabei häufig vor, nicht aktuell, nicht up to date zu sein. Dabei vergessen die Kritiker, dass nicht das aktuell ist, was eine Gesellschaft gerade will, sondern aktuell ist vielmehr das, was eine Gesellschaft gerade besonders benötigt.

Der Papst steht im Blick der Weltöffentlichkeit. Er gilt als eine moralische Autorität. Er wird nicht müde, die Opfer von Krieg, Ungerechtigkeit und Rücksichtslosigkeit zu benennen und sie so vor dem Totschweigen zu bewahren. Gerade auch deshalb hat er Paul Josef Cordes zum Kardinal erhoben. Dieser Deutsche ist seit Jahren Chef von „Cor unum“ und weiß wie kaum ein anderer Bescheid über die schreckliche Not unzähliger Menschen. Ich kann mich an eine Begegnung mit ihm entsinnen. Das war vor drei Jahren. Mit Tränen in den Augen erzählte er von dem was er zwei Tage zuvor in Dafur sehen musste.

Liebe Schwestern und Brüder.
Damals haben Aaron und Hur dem Mose die Arme gehalten, damit der Kampf gegen die Amalekiter gewonnen werden kann. Unser Gebet heute soll unserem Heiligen Vater unter die Arme greifen, damit nicht die Kultur des Todes und des Hasses obsiegt.

In jener Zeit sagte Jesus den Jüngern durch ein Gleichnis, dass sie allezeit beten und darin nicht nachlassen sollten.
Vielleicht kann dieses Wort ein Ansporn sein, über Ihr persönliches Gebetsleben nachzudenken und es möglicherweise neu zu ordnen, zu erweitern.
Das Beten lässt uns Gott erkennen.
Das Beten lässt uns uns selber besser erkennen.
Das Beten ist ein Mittel gegen ein gottvergessenes und damit unmenschliches Leben.

2. Predigtvorschlag

von Pfr. Dr. Axel Schmidt (erstellt: 2007)

Liebe Gemeinde!

Das Gleichnis des heutigen Sonntags möchte ich zum Anlass nehmen, über den Zorn zu sprechen und damit ein vorletztes Mal die sieben Wurzelsünden zu thematisieren. Der ungerechte Richter muss den Zorn der Witwe fürchten, und darum gibt er ihr schließlich nach. Witwen galten im Alten Testament als Inbegriff der Hilflosigkeit, sie waren arm, isoliert und hatten keine Machtmittel, ihre Interessen durchzusetzen. Sie konnten höchstens an das Mitleid der Einflussreichen appellieren, doch das war eine höchst unsichere Stütze. Schon damals waren die Mächtigen der Gesellschaft der Versuchung zu Korruption und Amtsmissbrauch ausgeliefert, und keineswegs waren alle gottesfürchtig und fromm. Jesus wählt ausdrücklich das Beispiel eines Richters, „der Gott nicht fürchtete und auf keinen Menschen Rücksicht nahm“ (Lk 18,2).

Nun kommt es ihm im Gleichnis darauf an, zu erörtern, wie barmherzig und gerecht Gott im Vergleich zu den Menschen ist, die manchmal sogar trotz ihrer Schlechtigkeit anderen Gutes tun, so wie hier der Richter. „Wenn nun schon ihr, die ihr böse seid, euren Kindern gebt, was gut ist, wieviel mehr wird euer Vater im Himmel denen Gutes geben, die ihn bitten.“ (Mt 7,11) Mir kommt es heute dagegen darauf an, den gefürchteten Zorn der Witwe als Auslöser für das Nachgeben des Richters zu betrachten. Wäre es richtig und in Ordnung, wenn sie dem ungerechten Richter ins Gesicht schlüge? Gibt es einen gerechten, gar einen heiligen Zorn? Und warum ist Zorn dann eine Todsünde?

Dass es gerechten Zorn gibt, steht außer Frage. Denn es gibt Unrecht, empörendes Unrecht, und der angemessene Affekt darauf ist Zorn. Er kann eine edle Emotion sein, wenn er von einem edlen Menschen ausgeht. Eins der bekanntesten Beispiele ist die Vertreibung der Händler und Wechsler aus dem Tempel. Aber auch im Alltag ist manchmal Zorn nötig und angemessen, denn er verschafft Gehör, wenn man sonst überhört würde, er wirkt reinigend und klärend, nicht selten etwa im engen Familienkreis, wo Gefahr besteht, dass einer die Ohren auf Durchzug geschaltet hat.

Aber wir wissen alle, dass der Zorn sehr häufig ausartet und gänzlich unangemessene Formen annimmt: als blinde Wut, zerstörerischer Jähzorn und Aggressivität, ferner als kalter Ärger, schwelender Groll und giftige Rachsucht. Er kann zu ohnmächtiger Wut ausufern, über die eigene Machtlosigkeit noch rasender werden als über den eigentlichen Auslöser. Dann führt er zur Weißglut, in Raserei und sinnloses Toben. Aber auch wenn er sich äußerlich zügeln lässt, kann der Zorn den Menschen innerlich vergiften und verbittern, kann krank machen, vor allem herzkrank oder auch depressiv. Wie viele andere Sünden hat der Zorn die eigene Strafe im Gepäck.

In der modernen Gesellschaft scheint der Zorn eine ganz besondere Verbreitung gefunden zu haben: die Kriminalitätsrate steigt weiterhin bedrohlich, Gewaltausbrüche gegen Kinder lassen uns erschrecken, Schulhöfe werden zu Schauplätzen von Mobbing und Gewalt, bis dahin, dass Amokläufer sie in blutige Schlachtfelder verwandeln; auf Straßen und Autobahnen grassiert die Aggression, „Road-Rage“ genannt, der Terrorismus ist ein weltumspannendes Problem geworden, das tagtäglich Hunderte von Menschenleben fordert. Und nicht zu vergessen: die Grundstimmung in unserem Land ist mürrisch und missmutig, die Leute kriegen beim gering­sten Anlass „einen dicken Hals“, sie ärgern sich über alles und sie verklagen einander, was das Zeug hält.

Allein diese kurze Aufzählung dürfte einen weiteren Beweis unnötig machen, dass der Zorn wirklich eine schlimme Sünde ist und die Wurzel von Elend und Grauen in der Welt. Doch was ist der Grund für die Zunahme der Aggression, und was kann der einzelne dagegen machen? Der Apostel Jakobus schreibt dazu: „Woher kommen die Kriege bei euch, woher die Streitigkeiten? Doch nur vom Kampf der Leidenschaften in eurem Innern. Ihr begehrt und erhaltet doch nichts. Ihr mordet und seid eifersüchtig und könnt dennoch nichts erreichen. Ihr streitet und führt Krieg.“ (Jak 4,1f) Neid, Begehren, Eifersucht, ja auch die übrigen Wurzelsünden sind oft Auslöser von Aggression, also vor allem auch Hochmut und Habgier. Kaum ein Krieg wurde geführt, ohne dass die fehlgeleitete Leidenschaft eines einzelnen oder einer Gruppe am Anfang stand.

Diese psychischen Ursachen werden zum Teil durch bestimmte Erscheinungen des gesellschaftlichen Lebens verstärkt. So haben wir unser Leben in den letzten Jahrzehnten zunehmend verrechtlicht und dadurch ein sehr hohes Anspruchsdenken geschaffen. Was man früher als unvermeidlichen Schicksalsschlag hingenommen hat, das wird heute als ungerecht empfunden, und man sucht immer einen Schuldigen und einen, der für das Unglück bezahlt. Meistens ist dies der Staat, manchmal auch ein einzelner Mensch: der Arzt, die Krankenschwester, der Kollege oder wer immer. Auch der verbreitete Groll gegen Gott kommt aus einem übersteigerten Anspruchsdenken.

Ein zweites kommt hinzu: Der moderne Mensch ist in vieler Hinsicht zum Einzelkämpfer geworden, herausgelöst aus den engen Bindungen an eine Gemeinschaft, hochgradig individualisiert und auf sich selbst zurückgeworfen. Das führt zu verzerrter Wahrnehmung der Wirklichkeit, wie man am Beispiel des Autofahrers gut sehen kann. Da er in seinem Fahrzeug aus Blech und Glas eingekapselt ist und nicht wissen kann, was in den anderen Fahrern vor sich geht, neigt er leicht dazu, diese anderen als Feinde anzusehen, die ihm absichtlich die Vorfahrt nehmen, oder als Idioten, die nicht Auto fahren können. Diese Neigung, über die anderen zu urteilen und ihnen alles Mögliche, vor allem Schlechtes zu unterstellen, ist nicht nur beim Autofahren anzutreffen, sondern auch sonst im Alltagsleben. Paul Watzlawik hat diese Unterstellungsmanie in seinem Bestseller „Anleitung zum Unglücklichsein“ meisterhaft karikiert:

„Ein Mann will ein Bild aufhängen. Den Nagel hat er, nicht aber den Hammer. Der Nachbar hat einen. Also beschließt unser Mann, hinüberzugehen und ihn auszuborgen. Doch da kommt ihm ein Zweifel: Was, wenn der Nachbar mir den Hammer nicht leihen will? Gestern schon grüßte er mich nur so flüchtig. Vielleicht war er in Eile. Aber vielleicht war die Eile nur vorgeschützt, und er hat etwas gegen mich. Und was? Ich habe ihm nichts angetan; der bildet sich da etwas ein. Wenn jemand von mir ein Werkzeug borgen wollte, ich gäbe es ihm sofort. Und warum er nicht? Wie kann man einem Mitmenschen einen so einfachen Gefallen abschlagen? Leute wie dieser Kerl vergiften einem das Leben. Und da bildet er sich noch ein, ich sei auf ihn angewiesen. Bloß weil er einen Hammer hat. Jetzt reicht's mir wirklich. - Und so stürmt er hinüber, läutet, der Nachbar öffnet, doch bevor er «Guten Tag» sagen kann, schreit ihn unser Mann an: «Behalten Sie sich Ihren Hammer, Sie Rüpel!»“

Wenn man die Ursachen einer Verfehlung kennt, dann kann man sie auch leichter vermeiden. Gegen den zuletzt erwähnten Unterstellungswahn hilft das Gespräch, vor allem das eigene Zuhören. Zuhören ist vielleicht die wichtigste Fertigkeit, um Ärger vorzubeugen. Wer zuhört, weiß: Die anderen haben auch ihre Probleme, und sie sind keineswegs alle bösartig und streitsüchtig. Die Besserwisser, die nicht zuhören können, sind in hohem Maße herzinfarktgefährdet. Dem entspricht der Rat des Apostels Jakobus: „Denkt daran, meine geliebten Brüder: Jeder Mensch soll schnell bereit sein zu hören, aber zurückhaltend im Reden und nicht schnell zum Zorn bereit.“ (Jak 1,19) – Ein zweites Heilmittel gegen die Aggressivität sind Toleranz und Vergebungsbereitschaft: Die anderen so lassen können, wie sie sind, sie nicht anders haben wollen – das spart sehr viel Ärger. Und wenn sie uns tatsächlich einmal etwas Böses angetan haben, dann wird der Zorn am besten durch Vergebung abgebaut. Wer Vergangenes vergangen sein lassen kann, der hat mehr Kraft für die Gegenwart und Zukunft. Das empfiehlt auch der Apostel Paulus: „Lasst euch durch den Zorn nicht zur Sünde hinreißen! Die Sonne soll über eurem Zorn nicht untergehen.“ (Eph 4,26)

Paul Watzlawick: Anleitung zum Unglücklichsein. Vom Schlechten des Guten oder Hekates Lösungen. München: Piper Verlag, München, 1986, 40f.

Vgl. Heiko Ernst, 166.

3. Predigtvorschlag

Liebe Schwestern und Brüder!

Vor wenigen Tagen fand sich in den Zeitungen die Meldung wieder, dass Papst Johannes Paul II. ein neues Rundschreiben an die Bischöfe und Priester veröffentlicht hat. Das Thema war diesmal eine philosophische Frage: Das Verhältnis von Vernunft und Glauben. (Daher blieb der sonst übliche Entsetzensschrei der Medien aus.)
Meiner Meinung nach aber sind dort Fragen angesprochen, die nicht nur für Philosophen, sondern für unseren Glauben ganz konkret von Bedeutung sind.

«Glaube und Vernunft sind wie die beiden Flügel des Geistes» lautet der erste Satz. Glaube und Vernunft, Glauben und Wissen sind keine Dinge, die sich ausschließen. Gut - das hört man immer so: «Weißt Du das - oder glaubst du das nur?» Aber dass Glaube - vor allem der Glaube an Gott - soviel bedeutet wie «sich nicht ganz sicher sein», ist einer der größten Denkfehler des letzten Jahrhunderts - sagt der Papst.
Wenn wir vom Glauben sprechen, dann ist damit gemeint, dass ich nicht etwas selbst erfahren habe, sondern auf die Angaben anderer angewiesen bin. Wissen Sie, ob es einen Mount Everest gibt? Oder glauben sie das nur? Glauben Sie, dass Halverde etwas über 1000 Einwohner hat? Oder haben sie die selbst nachgezählt?

In der Schule wird oft so getan, als sei das alles Wissen - und die Frage nach Gott eine Glaubensfrage - «weil man sich da nicht sicher sein kann.»
Aber das stimmt nicht. Alles, was wir für wahr halten, weil es uns jemand sagt, dem wir vertrauen, ist Glauben. Je vertrauenswürdiger derjenige, der es uns sagt, um so sicherer unsere eigene Überzeugung.
Das darf allerdings kein blinder Gehorsam sein. Wir müssen alles überprüfen, vor unserem eigenen Denken verantworten. Nur, weil eine vertrauens- würdige Person uns von fliegenden Kühen erzählt, werden wir wohl kaum unsere Weiden überdachen. Das, was wir glauben, müssen wir überprüfen. Nachfragen, ob das denn wohl sein kann. Ordnen, Abwägen und Hinterfragen. Das sind die beiden Flügel des Geistes - der Glaube und die Vernunft.

Und das gilt natürlich auch von unserem christlichen Glauben. Dass Sie Gott nicht sehen und nicht messen können, spielt keine Rolle. Oder haben sie schon einmal ein Elektron gesehen? Oder gemessen? Und trotzdem glauben sie, dass es sie gibt. Worauf es ankommt, ist, wie glaubwürdig derjenige ist, der Ihnen davon erzählt.
Vielleicht haben Sie schon einmal einen Stromschlag bekommen und sind deshalb zu der Überzeugung gekommen, dass es Elektronen gibt. Oder es hat zumindest ihre Überzeugung bekräftigt. So haben auch einige Menschen - ähnlich wie ein Stromschlag - Gott erfahren. Die sind dadurch zum Glauben gekommen, oder zumindest darin gestärkt worden.
Aber vernünftig und sicher ist der Glaube der Kirche - nicht unbedingt mein persönlicher Glaube - deshalb: weil Gott sich selbst dafür verbürgt.

Ich weiß ja, Gott täuscht sich nicht, er kann auch nicht von jemandem anderen getäuscht worden sein. Ich weiß, er liebt mich und er offenbart sich uns nicht, damit seine Botschaft anschließend verdreht und verdunkelt wird. Also sorgt er dafür, dass der Glaube der Kirche ein sicherer Glaube, ein wahrer Glaube bleibt. Und damit ist der christliche Glaube ein verbürgteres Wissen als, als das angebliche Wissen um die Elektronen.

Ich kann mich also - wenn es um die Wahrheit im Glauben geht - nicht damit herausreden: Das muss jeder selbst für sich entscheiden. Das ist Ansichtssache. Das weiß keiner so genau. Im Glauben darf ich mir ebenso sicher sein, wie im Physikunterricht.
Natürlich - es ist mein freier Entschluss, den Glauben an Gott abzulehnen. Ich kann auch die Existenz des Mount Everest bestreiten und das elektrische Licht als ein Wunder der Leuchtzwerge ansehen.
Aber mit der Wahrheit hat das dann nichts mehr zu tun.

Und das ist eine der Hauptaussagen der Enzyklika: Der Glaube der Christen hat den Anspruch, wahr zu sein. Denn Glaube heißt nicht, unsicher zu sein.

Wäre dem anders, ich würde als erster kündigen. Ich würde niemals mein Leben vergeuden - nur für Vermutungen. Amen.

4. Predigtvorschlag

Liebe Schwestern und Brüder, sind wir noch Christen? Nichts anderes meint die Frage Jesu, die am Ende des heutigen Evangeliums steht: "Wird jedoch der Menschensohn, wenn er kommt, auf der Erde noch Glauben vorfinden?"

Dabei formuliert Jesus diese Frage überraschend skeptisch: "Wird es wohl bei meiner Wiederkunft noch Christen geben?" Christsein wird von Jesus in diesem Zusammenhang mit "Beten-Können" gleichgestellt. Darf Jesus das denn? Verkürzt er unseren Glauben nicht, wenn er mangelndes Gebet mit mangelndem Christsein vergleicht? Ob wir Christen sind oder nicht, entscheidet sich doch auch an unserem Glauben und unserem Verhalten in der Welt! Reicht es denn nicht, wenn wir besonders feste Glauben? Können wir denn nicht einfach besonders aktiv die Nächstenliebe üben?

Liebe Schwestern und Brüder, die drei Vollzüge unseres Christseins (die praktische Nächstenliebe, das Feststehen im Glauben und das Gebet) sind nicht zu vergleichen mit einem Guthaben, das wir auf drei verschiedene Konten verteilen. Wenn das eine in Gefahr ist, dann wird eben ein anderes Konto bevorzugt. Vielmehr ist unser göttliches Leben mit unserem biologischem Leben zu vergleichen: Wir brauchen zum Leben Wasser, Nahrung und Luft. Geht uns einmal die Luft aus, können wir das nicht ausgleichen, indem wir besonders viel Trinken; und umgekehrt können wir mangelnde Nahrung nicht durch schnelleres Atmen wettmachen.

Unser Christsein ist nur so groß, wie die schwächste der drei Säulen, auf denen es ruht. Und, das legt die Frage Jesu nahe: Offensichtlich hat er damals schon gewusst, dass das Gebet als Vollzug unseres Glaubens immer als erstes auf der Strecke bleibt. Wird der Menschensohn, wenn er wiederkommt, noch betende Menschen vorfinden?

Diese Frage soll uns schockieren, denn jede Messe, die wir hier feiern, ist doch schon die Wiederkunft des Herrn. Sind wir so, wie wir hier sitzen, betende Menschen?

Mit betenden Menschen sind nicht diejenigen gemeint, die in oder außerhalb der Messe alle Antworten können und mitsprechen. Auch das Vaterunser kann man aufsagen wie ein auswendig gelerntes Gedicht. Aber richten wir es auch an Gott? Füllen wir die Bitten mit unseren Anliegen, unserem Lob?

In der Lesung steht Mose auf dem Berg und betet, während Josua unten im Tal kämpft. Beten und kämpfen sind hier miteinander verknüpft. Bringen wir unser Leben ins Gebet? Unser Ringen und Kämpfen?

Mose braucht am Abend Helfer, die ihn im Gebet stützen. Mose, der Führer, Befreier und Wegweiser seines Volkes, braucht Hilfe im Gebet. Wenn sogar er auf andere angewiesen ist, wieviel mehr dürfen dann auch wir uns eingestehen, dass wir Hilfe im Gebet brauchen. Es ist keine Schande, jemanden um Hilfe zu bitten, wenn wir nicht mehr beten können. Und doch, wie schwer fällt uns das! Wie schwer fällt es uns, anderen überhaupt einzugestehen, dass wir beten möchten; geschweige denn, das wir Schwierigkeiten haben und Hilfe brauchen! Sogar Eheleuten vor einander und Eltern vor ihren Kindern trauen sich nicht mehr, als nur Morgen-, Abend- und Tischgebete aufzusagen.

Wird Jesus noch Glauben finden, wenn er wiederkommt? Es gibt Oasen, an denen wir uns trauen, zu beten. Das Grab von Schwester Maria Euthymia in Münster ist eine solche Oase. Dort braucht sich keiner zu schämen.
Ich wünsche mir, liebe Schwestern und Brüder, dass unsere Gemeinde hier in Halverde ebenfalls eine solche Oase wird. Nicht nur vor dem Bild, dass an das Grab von Schwester Maria Euthymia erinnert, sondern in den Familien, in den Freundeskreisen und Vereinen. Bei Hochzeiten und bei Feierlichkeiten; wenn sie trauern oder sich freuen; in unserem Gasthof vor Essen oder unterwegs auf den Nachhauseweg. Trauen Sie sich, zu betenden Menschen zu werden. Sonst kommt eines Tages der Menschensohn auf diese Welt, und keiner hat ihn gerufen. Amen.

Fürbitten