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Predigtvorschläge - 30. Sonntag im Jahreskreis (Lesejahr C)
1. Predigtvorschlag

von Pfr. Dr. Axel Schmidt (erstellt: 2007)

Liebe Gemeinde!

„Der Herr ist der Gott des Rechts.“ (Sir 35,15) Dieser Satz aus der heutigen Lesung ist Frohe Botschaft. Frohe Botschaft vor allem für die, die unterdrückt, ausgebeutet, verfolgt und an den Rand gedrängt sind. Für die Unterdrücker und Ausbeuter dagegen ist der Satz eher bedrohlich, denn er bedeutet, dass die von Menschen errichteten Unrechtsstrukturen in dieser Welt nicht von ewiger Dauer sind, dass Gott vielmehr dazwischentritt und sein Recht durchsetzt.

Am heutigen Weltmissionssonntag sollten wir die Gelegenheit nutzen, uns einmal in die Lage der armen und unterdrückten Völker zu versetzen, die von Bürgerkriegen heimgesucht werden oder in denen eine brutale Zwei-Klassen-Gesellschaft herrscht. Was kann den Menschen dort echte Hoffnung geben? Leere Versprechungen haben sie schon zur Genüge gehört. Der Glaube an das Gute im Menschen ist ihnen gründlich ausgetrieben worden – was bleibt da noch? Nur eins kann ihnen Hoffnung geben: der Glaube an den gerechten Gott, der ihr Schreien hört und sie aus ihrem Elend rettet – und zwar nicht etwa ein bloß gepredigter Glaube, sondern ein Glaube, der von den Verkündern durch und durch gelebt, bezeugt, vielleicht sogar bis zum Blutvergießen bezeugt wird. Nur die Kirche, die den mächtigen Unterdrückern mutig entgegentritt, mit ihnen nicht gemeinsame Sache macht, sondern klar und eindeutig für Gerechtigkeit eintritt, kann in ihrer sonst so hoffnungslosen Welt Hoffnung geben und den Lebensmut der Menschen neu entfachen und stärken.

Mission ist die Fortsetzung der unermüdlichen Predigttätigkeit Jesu: „Den Armen verkündete er die Botschaft vom Heil, den Gefangenen Freiheit, den Trauernden Freude.“ Freilich beschränkt sich die Frohe Botschaft Jesu nicht auf die Verkündigung einer rein innerweltlichen Freiheit und Gerechtigkeit. Das heutige Evangelium spricht von einer viel tiefer gehenden Befreiung, nämlich von der Befreiung von Schuld. Und auch hier hat die Frohe Botschaft zwei Seiten: „Dieser Mann ging gerechtfertigt nach Hause, jener nicht.“ Was dem reuigen Sünder froh- und freimachende Botschaft ist, das ist dem selbstgerechten Pharisäer Mahnung und Anklage. Nur wer vor Gott eingesteht, dass seine Hände leer sind, der hört das befreiende Wort von der Sündenvergebung. Wer sich dagegen in Selbstgerechtigkeit gefällt, der verweigert die Solidarität mit den andern Menschen und wird genau deswegen von Gott nicht gerechtfertigt.

Was bedeutet das für uns? Eine Geschichte von Martin Buber kann uns eine Verstehenshilfe geben: Ein Rabbi sagt von sich selbst: Ich bin sicher, der kommenden Welt teilhaftig zu werden. Wenn ich vor dem obern Gericht stehe und sie mich fragen: „Hast du nach Gebühr gelernt?“, werde ich antworten: „Nein.“ Dann fragen sie wieder: „Hast du nach Gebühr gebetet?“, und ich antworte desgleichen: „Nein“. Und sie fragen zum dritten: „Hast du nach Gebühr Gutes getan?“ Und ich kann auch diesmal nicht anders antworten. Da sprechen sie das Urteil: „Du sagst die Wahrheit. Um der Wahrheit willen gebührt dir ein Anteil an der kommenden Welt.“

Wenn wir so ehrlich vor Gott sind, dann werden wir solidarisch mit den anderen Menschen, auch mit denen, die ganz anders sind als wir. Dann können wir nicht mehr so leicht sagen: „Ich danke dir, dass ich nicht wie die anderen Menschen bin … wie dieser ‚Punkt-Punkt-Punkt’ dort.“ Zöllner gibt es keine mehr, aber es gibt den Jugendlichen, der eine Riesendummheit begangen hat, das Paar, dessen Ehe zerbrochen ist, den Arbeitskollegen, der des Diebstahls überführt wurde usw. Wenn ich auf einen Menschen mit dem Finger zeige, dann zeigen drei Finger auf mich selbst. Das Gebet des Zöllners kann uns helfen, ehrlicher uns selbst gegenüber zu werden: „Gott, sei mir Sünder gnädig.“ So ein Gebet verändert – uns selbst und dann auch die Menschen um uns herum. Wenn heute überhaupt etwas den Lichtstrahl der Frohen Botschaft in die Herzen der Menschen trägt, dann ist es die tiefe demütige Ehrlichkeit, die keinen Fehler nur beim anderen sieht, sondern immer zuerst bei sich selbst, die sich einfühlen kann in die Beschämung des Überführten und die darum die Fehler anderer nicht aufdeckt, sondern diskret zudeckt. – Wäre die Welt nicht viel schöner und lebenswerter, wenn die Menschen solche Milde an den Tag legten?

Damit sind wir beim Anliegen des Weltmissionssonntags: Die sanfte Wahrheit von Gottes Güte und Milde möge sich überall auf der Welt verbreiten und alle Selbstgerechtigkeit vertilgen, die doch nur Ausgrenzung, Hass, Fanatismus und sogar Terrorismus zur Folge hat!

Dieses Anliegen kann und soll sich freilich auch in unserer Spendenbereitschaft ausdrücken. Was wir hier nicht tun können, das tun die Missionare in den verschiedensten Ländern der Welt. Sie brauchen dafür Geld – das wissen wir –, und sie brauchen auch unsere Unterstützung im Gebet. Wenn unser Gebet nicht zuerst um die eigenen Interessen kreist, sondern zur Fürbitte für andere wird, ist es Ausdruck unserer hochherzigen Gesinnung und insofern auch das lebendigste Zeichen unserer Freiheit als Kinder Gottes, unserer Freiheit, vom eigenen Ich absehen zu können, um so alles im größeren Horizont der Liebe zu sehen.

2. Predigtvorschlag

von Pfr. Dr. Axel Schmidt (erstellt: 2004)

Liebe Gemeinde!

Von MISSION UND PHARISÄERTUM möchte ich heute sprechen. Zwei Thesen werde ich dabei entfalten: 1. Mission ergibt sich als logische Konsequenz eines Glaubens, der durch die Liebe wirksam ist (Gal 5,6) gemäß dem einfachen Wort des Herrn: „Wovon das Herz voll ist, davon spricht der Mund.“ (Mt 12,34) Und 2.: In den modernen westlichen Ländern besteht das größte Hindernis gegen die Mission in einer pharisäischen Grundhaltung, die im sarkastischen Reim von Wilhelm Busch zum Ausdruck kommt: „Ein guter Christ gibt gerne Acht, ob der andre was Böses macht.“

Beginnen wir beim zweiten. Scheinbar ist es leicht, den Pharisäer zu erkennen, und ebenfalls leicht, ihn nicht zu spielen. Doch müssen wir sehr vorsichtig sein, denn sobald wir über einen anderen urteilen, er sei ein eingebildeter und selbstgerechter Mensch (und ein Heuchler noch dazu), finden wir uns schon selber im Kreise der Pharisäer wieder. Nur Jesus, der ohne Sünde war, steht ein solches Urteil zu. Wenn wir uns seinem Urteil anschließen, dann gleichen wir einem Dackel, der andere ankläfft und sich wohlweislich zwischen den Beinen seines Herrn in Deckung bringt. Das negative Werturteil über einen anderen Menschen ist fast immer geprägt von einer gewissen Selbstgerechtigkeit; Jesus charakterisiert sie prägnant durch den folgenden Ausruf: „Gott, ich danke dir, daß ich nicht wie die anderen Menschen bin, die Räuber, Betrüger, Ehebrecher oder auch wie dieser Zöllner dort.“ (Lk 8,11) Der Pharisäer lebt vom Vergleich, vom Schielen nach unten, damit er sein Gewissen beruhigen kann. Er findet es letztlich sogar ganz gut, daß es schlechte Menschen gibt – jedenfalls solange sie ihm nichts Böses tun –, denn diese machen es ihm möglich, vom hohen Roß der Moral auf sie niederzuschauen – Selbstachtung zu gewinnen durch Verachtung des anderen. „Ein guter Christ gibt gerne Acht, ob der andre was Böses macht.“

Nun habe ich behauptet, diese selbstgefällige Haltung sei der Hauptgrund dafür, daß in unseren westlichen Ländern der Missionsgeist gewichen ist. Das klingt ungewohnt. Uns wird heute doch viel eher eingeredet, die Missionierung stamme selbst aus einem Denken, das von Besserwisserei, Selbstgerechtigkeit und Intoleranz geprägt ist, so daß der Verzicht auf Verbreitung des eigenen Glaubens eine Folge von neu erwachter Demut und Toleranz sei. – Wir müssen schon genauer hinsehen, um die Zusammenhänge zu erfassen. Das gibt es freilich: Werbung für das eigene Denken aus einer besserwisserischen, ja fanatischen Haltung heraus, die sofort aggressiv wird, wenn der andere sich nicht gefügig zeigt. Doch die Frage ist, ob ein solches Tun zurecht „Mission“ genannt werden darf und ob der christliche Missionsgedanke mit der geschilderten Haltung vereinbar ist. Fest steht, daß es solcherart verfehlte Proselytenmacherei immer gegeben hat. Jesus hat sie überaus heftig kritisiert: „Weh euch, ihr Schriftgelehrten und Pharisäer, ihr Heuchler! Ihr zieht über Land und Meer, um einen einzigen Menschen für euren Glauben zu gewinnen; und wenn er gewonnen ist, dann macht ihr ihn zu einem Sohn der Hölle, der doppelt so schlimm ist wie ihr selbst.“ (Mt 23,15) Paulus hat vor seiner Bekehrung die Christen aus eben diesem Geist heraus blutig verfolgt. Aber nachdem er durch Gottes Gnade seine pharisäische Haltung abgelegt hatte, da zog er sich nicht in seinen privaten Glauben zurück, sondern wurde zum Missionar, zum größten der Geschichte überhaupt. Darüber schreibt er an die Gemeinde von Korinth:

„Als ich zu euch kam, Brüder, kam ich nicht, um glänzende Reden oder gelehrte Weisheit vorzutragen, sondern um euch das Zeugnis Gottes zu verkündigen. Denn ich hatte mich entschlossen, bei euch nichts zu wissen außer Jesus Christus, und zwar als den Gekreuzigten. Zudem kam ich in Schwäche und in Furcht, zitternd und bebend zu euch. Meine Botschaft und Verkündigung war nicht Überredung durch gewandte und kluge Worte, sondern war mit dem Erweis von Geist und Kraft verbunden, damit sich euer Glaube nicht auf Menschenweisheit stützte, sondern auf die Kraft Gottes.“ (1 Kor 2,1-5)

Der Unterschied zu seinem vorherigen Wüten gegen die Christen läßt sich auf die Frage bringen: Woher empfange ich meinen Frieden? Lasse ich ihn mir durch Gott schenken, so daß ich ihn gerne weiterschenke, oder will ich ihn dadurch erreichen, daß ich die Konkurrenten bezwinge? Anfangs wollte Paulus im zweiten Sinne anderen sein Denken aufzwingen, um sich so die satte Ruhe der Selbstzufriedenheit zu sichern. Nachdem Christus ihm gezeigt hatte, daß es auf diesem Wege keinen wahren Frieden gibt, empfing er im Glauben das himmlische Geschenk des Friedens, um es sogleich segensreich an die Völker des römischen Weltreichs weiterzugeben.

Dennoch hat es nach Paulus immer wieder auch die Fehlform einer Mission mit dem Schwert in der Hand gegeben. Denn zu jeder Zeit laufen echte Frömmigkeit und Verirrung Hand in Hand. Um aber erkennen zu können, was Verirrung ist, braucht man einen Maßstab, eine Lehre. Und diesen Maßstab stellt uns Christus vor Augen, indem er die Selbstgerechtigkeit des Pharisäers kritisiert und die Demut des Zöllners lobt. In diesem Zusammenhang ist der Hinweis angebracht, daß einzig das Christentum eine solche Anleitung zur Selbstkritik gibt, während sie im Koran und auch im Judentum fehlt.

Aber das kann ich jetzt nicht weiter verfolgen. Vielmehr möchte ich nun zeigen, warum das pharisäische Denken nicht nur einen blutigen Fanatismus fördern, sondern auch den echten Missionsgeist ersticken kann. Um das zu verstehen, müssen wir uns bewußt machen, daß jede echte Mission, jede Bemühung um Weitergabe des Glaubens aus einem Herzen fließt, das voller Freude ist über ein empfangenes, unerwartet kostbares Geschenk, das Jesus geradezu einen Schatz nennt (vgl. Mt 6,21; 13,44). Paulus drückt die Erfahrung dieses Beschenktwerdens in folgenden Worten aus: „Gott ... ist in unseren Herzen aufgeleuchtet, damit wir erleuchtet werden zur Erkenntnis des göttlichen Glanzes auf dem Antlitz Christi.“ Und er fährt fort: „Diesen Schatz tragen wir in zerbrechlichen Gefäßen.“ (2 Kor 4,6f) Es gehört wesentlich zu diesem geistigen Gut, daß wir es uns nicht selber verschaffen können. Wir haben es nicht verdient und können es nicht verdienen. Das einzige, das wir tun können, um uns sozusagen zu revanchieren, ist, diesen Schatz nun unsererseits anderen Menschen zu übergeben, an ihr Herz zu appellieren, sich für die Annahme des Glaubens zu öffnen. Wir müssen aber erkennen, daß beides dem pharisäischen Denken im Wege steht: die Unverdientheit des Geschenks wie auch die dem anderen zugewandte Dienstbereitschaft. Die augenblicklich herrschende satte Selbstzufriedenheit hindert das Herz daran, sich vom göttlichen Frieden erfüllen zu lassen, und macht den Mund stumm, so daß nur noch von Dingen geredet wird, die so banal und leer sind, daß einem übel wird. Ganz typisch für den Pharisäismus dieser Geisteshaltung ist die immer wieder geäußerte Aggression gegen die Kirchenbesucher, die Unterstellung, sie gingen nur aus äußerlichen Gründen dorthin. Nochmals zur Erinnerung: „Ein guter Christ gibt gerne Acht, ob der andre was Böses macht.“ Wessen Herz nur mit Eigenliebe erfüllt ist, der wird die Rede verbreiten, man könne seine Kinder doch nicht „in die Kirche zwingen“ – um zu verschleiern, daß er nicht die geringste Lust hat, ihnen einen Dienst zu leisten, der für ihre geistliche Entwicklung schlechthin unabdingbar ist.

Freilich ist jedes Schwarz-Weiß-Denken verfehlt. In unseren Herzen sind gute und böse Motive fast unentwirrbar vermischt. Dies weiß Wilhelm Busch, den ich nochmals zitieren möchte:

Man kennt, es sind allhier der Dinge gleich viel, ob große, ob geringe,
im wesentlichen so verpackt, daß man sie nicht wie Nüsse knackt.
Wie solltest du dich unterwinden, kurzweg den Menschen zu ergründen?
Du kennst sie nur von außenwärts; du siehst die Weste, nich

3. Predigtvorschlag

Liebe Schwestern und Brüder!

Sind wir nicht auch von unserer eigenen Gerechtigkeit überzeugt? Sonst hätten wir uns wahrscheinlich nicht so im Leben eingerichtet, wie wir es haben: wenn es uns angebracht erscheint: etwas spenden - zu Weihnachten auch mal soviel, dass wir uns auch etwas anderes hätten kaufen können; auf Ökologie und Bewahrung der Schöpfung achten, soweit es so einfach möglich ist: mal darüber nachdenken, mit dem Zug zu fahren - wenn es gerade der Weihnachtsmarkt in Bremen oder Osnabrück ist, passt das ja auch ganz gut. Verschwenderisch mit Öl oder Gas umzugehen, verbietet sich ja auch schon allein aus Kostengründen. Da gibt es weit Schlimmere als uns.

Den Jugendlichen heute geht es nicht anders: sie hängen viel im Internet - facebook ist momentan angesagt - haben sich oftmals neben der Schule einen Job gesucht und kaufen sich von dem Geld ein Handy, welches auch ins Internet gehen kann, so dass die neuesten Nachrichten von den Freunden sofort auf dem Handy erscheinen (ich weiß das so genau - weil ich auch sowas habe), dann bemühen sich die meisten, andere nicht zu verprügeln, oder bei den Schimpfparaden im Chat zumindest auf die übelsten Wörter zu verzichten. Für die Freunde sind sie da, sie versuchen ihre gestellten Aufgaben in der Schule und im Job zu erfüllen. In ihren Augen leben sie gerecht. Da gibt es Schlimmere.

Wenn ich unsere Jugendlichen darauf hinweise, dass es nicht gut ist, mit der 16-jährigen Freundin ins Bett zu gehen, ernte ich nur Unverständnis. Wenn ich jemanden für alle Anderen sichtbar Trost zuspreche, der anfragt, warum er überhaupt noch leben soll, mischt sich kaum ein anderer ein. Wenn ich Gruppenleiter anfrage, was sie ideenreiches mit ihren Messdienern anstellen wollen, weichen sie den Fragen aus.

Wenn ich unsere Erwachsenen auf die Beichte hinweise, stellen mittlerweile alle auf Durchzug, das kommt bei kaum jemanden an. Wenn ich Menschen suche, die eine neue Aufgabe übernehmen könnten, winken die allermeisten ab.

Wir haben uns eingerichtet in unserer Gerechtigkeit, genauso unsere Jugendlichen. So wie die jungen Leute sich kaum noch was sagen lassen, so ebensowenig wir!

Genauso wie der Pharisäer im Evangelium: er sagt Gott, was er alles Gutes tut, und dass es Schlimmere gibt als ihn.

Doch Jesus sagt: der Andere: der Lügner, der Betrüger, der Zöllner dort ist der Gerechte vor Gott. Warum?

Weil er sich auf Gott angewiesen weiß, weil er sich korrigieren lässt von Gott. Dieser Zöllner weiß, dass er mit seinem Leben vor Gott nicht bestehen kann und wird deswegen gerecht genannt.

Wenn ich den Jugendlichen sage, dass sie zur Kirche gehen sollen, mit dem miteinander Schlafen bis zur Ehe warten sollen, und selber mein Leben nicht mehr von Gott korrigieren lasse, bin ich unglaubwürdig. Wenn ich selber in meinem Leben nicht deutlich mache, dass ich Fehler habe, dass ich Gott brauche - woher sollen die Heranwachsenden es lernen? Zeig ich der nächsten Generation, dass es gut ist, dass es nötig ist, dass ich mich von Gott und seiner Kirche korrigieren lasse? In der Gesellschaft wird ihnen vorgelebt, dass sie alles können und dürfen. Wer Geld hat, hat das Recht, sich was dafür zu kaufen. Wer seinen Job gut macht, darf auch eine Gehaltserhöhung fordern. Ich habe es mir schließlich verdient. Dass ich mein Talent, mein Glück im Leben Gott verdanke! - wer lebt Ihnen das heute vor? Wir?

Es ist Missionssonntag - auch wenn wir heute Geld für Indien und viele andere Länder geben, die es gut gebrauchen können, so stehen wir alle zunächst in der Pflicht, hier unter uns in Holdorf zu missionieren. Indem wir selber wie der Zöllner im Evangelium sagen: Herr, ich brauche Deine Gnade, ohne die vermag ich nichts; wie Paulus in der zweiten Lesung: der Herr stand mir zur Seite und gab mir die Kraft für das, was ich getan habe; wie der Arme in der ersten Lesung weiß, dass Gott jedem hilft und beisteht, der Ihn um Hilfe bittet und nicht meint, alles selber zu können. Wir müssen den Anderen erklären und auch zeigen, dass wir unser Leben immer wieder von Ihm neu ausrichten lassen. Dann können wir diesen Maßstab auch den Nichtkirchgängern glaubwürdig empfehlen.

4. Predigtvorschlag

Liebe Schwestern und Brüder,

"das Flehen des Armen dring durch die Wolken, es ruht nicht, bis es am Ziel ist. Es weicht nicht, bis Gott eingreift und Recht schafft als gerechter Richter."

Bis Gott eingreift... bis er eingreift? Tut er das denn?

Liebe Schwestern und Brüder, im vergangenen Jahr bin ich des öfteren bei der Gemeinschaft "Cenacolo" gewesen, die sich um Drogenabhängig bemüht. In kleinen Gruppen leben dort ehemalige Abhängige zusammen, beten viel und organisieren ihr alltägliches Leben - und leben dabei vollkommen von der "Vorsehung". Das heißt: Sie erhalten keine staatlichen Zuschüsse, keine projektbezogenen Gelder und verdienen sich auch keinen Unterhalt. Sie haben grundsätzlich kein Geld, um Lebensmittel zu kaufen, sondern warten darauf, dass ihnen Lebensmittel geschenkt werden. Und wenn in der Küche mal etwas fehlt - Salz oder Nudeln oder ähnliches - dann wird die ganze Gemeinschaft zusammengetrommelt, alle müssen in die Kapelle und um Salz beten. Solange, bis dann wirklich jemand an der Tür klingelt und eine kleine Fuhre Lebensmittel abgibt und bis dann darunter auch Salz ist.

Ein solches Leben von der Vorsehung steht übrigens in einer alten, langen Tradition; schon seit fast tausend Jahren leben z.B. auch die Klarissen allein von den Spenden der Gläubigen - und viele, die früher als "Bettelorden" bezeichnet wurden.

Eine gute Übung; Gottvertrauen zu entwickeln. Eine gute Übung für Menschen, die sich Gott hingeben und spüren wollen, dass er sie am Leben erhält. Eine gute Übung vor allem für die Drogenabhängigen, dass sie lernen, anderen zu vertrauen, sich nicht alles - auch das Glück - nicht selbst machen, sondern schenken lassen. Und vor allem eine gute Übung, wenn es darum geht, zu erfahren, dass es Gott wirklich gibt und er "eingreift" - wie es in der Lesung hieß.

Im Sommer hatte ich einen Bulli voll mit gebrauchten Kleidern nach Saluzzo gebracht. Als wir dann Gelegenheit zu einem Gespräch mit dem Hauptverantwortlichen des Cenacolo hatten, meinte dieser dann zu uns: "Ihr seid unsere Vorsehung. Ihr seid diejenigen, die Gott uns immer wieder schickt. Gott sorgt für uns, indem er Euch erschaffen hat. Danke, dass es Euch gibt!"

Liebe Schwestern und Brüder - von der Vorsehung leben kann nicht jeder. Es muss auch Menschen geben, die Vorsehung sind. So wie wir zum Beispiel für Länder, Bistümer oder Gemeinden in der Dritten Welt. Die Ärmsten dort leben auch von dem, was ihnen geschenkt wird. Und wir sind in ihren Augen die Vorsehung Gottes.

Im Grunde müssen wir zugeben, dass auch wir nur einen Teil unseres Wohlstandes erarbeitet haben - ein viel größerer Teil ist uns geschenkt. Und auch bei uns gibt es Arme, die von dem leben, was ihnen gegeben wird.
Aber im Gegensatz zu uns erkennen viele Menschen in der Dritten Welt hinter den Gebern der vielen guten Gaben - Gott. Sie wissen, dass wir ihnen helfen, sehen in uns aber auch das Geschenk Gottes. Sie wissen, dass Gott uns berufen hat, Vorsehung zu sein.

Schauen wir nicht wie der Pharisäer im Evangelium nur auf die Bedürftigen Menschen herab. Sondern wenden wir uns ihnen auch zu. Und mit den lebensnotwendigen Dingen geben wir ihnen auch die Botschaft, dass Gott existiert, dass er ihr Flehen hört und eingreift und ihnen Recht verschafft.

Amen.

5. Predigtvorschlag

Liebe Schwestern und Brüder,

das Gleichnis vom Pharisäer und Zöllner ist uns wohlbekannt; das Schlechte am Pharisäer ist demnach seine Überheblichkeit, das Gute am Zöllner seine Bescheidenheit.

Seltsam, dass wir zuvor ausgerechnet die Lesung aus dem Timotheus-Brief hören, in der Paulus offensichtlich in genau diese Pharisäer-Falle tappt: «Ich habe den guten Kampf gekämpft, den Lauf vollendet, die Treue gehalten. Schon jetzt liegt für mich der Kranz der Gerechtigkeit bereit, den mir der Herr, der gerechte Richter geben wird.»

Wenn das nicht ein Pharisäer ist! Der hält sich wohl wirklich für einen Heiligen! Pfui.

Nun - Paulus ist ein Heiliger. Der macht sich nicht besser als er ist, er ist gut. Wir haben eine weit verbreitete christliche Allergie gegen jeden, der sich als von Gott erleuchtet betrachtet; gegen alle, die glauben, in der Wahrheit zu stehen; die von sich behaupten, den wahren Weg zum Leben zu kennen. Aber diese Allergie ist eine Krankheit - keine Tugend.

Dass der Pharisäer ein besserer Jude ist als der Zöllner, wird nämlich von Jesus gar nicht bestritten. Machen wir uns nichts vor: Pharisäer sind eifrige Menschen gewesen, oft ehrlich bemüht und gottesfürchtig. Zöllner dagegen waren Verbrecher, Verräter am eigenen Volk und Ausbeuter der Armen. Das wusste auch Jesus, und an dieser Tatsache will er auch gar nicht rütteln.

Natürlich haben wir (und viele, die sich als katholisch bezeichnen) häufig eine Abneigung gegenüber Personen, Gruppen oder Bewegungen, die sich in ihrem Beten, Glauben und Leben sicherer sind als wir. Aber das hat nicht mit Pharisäertum zu tun - selbst dann nicht, wenn die anderen sich ihrer Sache ein wenig zu sicher sind. Das war Paulus vielleicht auch. Diese Abneigung lässt sich nicht durch das Gleichnis rechtfertigen, das wir gerade gehört haben. Oft genug sind die, die wir als Pharisäer bezeichnen, einfach nur Menschen, die wir beneiden.

Eines darf derjenige, der einen alten Weg mit neuem Elan geht, allerdings nicht tun: Sich abfällig über den Zöllner äußern und ihm die Vergebung Gottes absprechen. Wer das tut, der verspielt seine eigene Rechtfertigung.

Nicht der ist also ein Pharisäer im schlechten Sinne, der - wie Paulus - ein Leben führt, das sich wohltuend aus der Masse heraushebt. Nicht der ist ein Pharisäer im schlechten Sinne, der mehr betet, frömmer ist, gläubiger oder papsttreuer. Nicht der ist eine schlechter Pharisäer, der weiß, dass er reich beschenkt wurde und Gott dafür danken kann.

Vielmehr ist derjenige schlecht, der einem anderen - und sei es ein Zöllner, ein Verbrecher, ein Verräter oder Krimineller - die Gnade Gottes abspricht. Mal ehrlich: Da haben wir wohl ziemlich viel von einem Pharisäer, nicht wahr?

Hüten wir uns davor, schlecht über andere zu sprechen (und schlecht zu denken!), nur weil deren Frömmigkeit von uns nicht verstanden wird. Gestehen wir uns ein, dass es viele gibt, die bessere Christen sind als wir. Gestehen wir neuen Gemeinschaften ruhig zu, dass sie uns voraus sind im Gebet und in der Heiligkeit.

Umgekehrt schämen wir uns manchmal unserer eigenen guten Taten und unseres Glaubens. Wir wissen, wie wir über solche Leute denken - und wollen nicht, dass andere nun mich für einen Pharisäer halten.

Halten sie es mit Paulus, auch wenn es schwer fällt: Reden Sie über das Gute, das Sie getan haben - im gleichen Atemzug danken sie Gott und geben Sie Ihm die Ehre. Hören Sie vom Glauben anderer (und sei er Ihnen selbst fremd und unverständig) - freuen Sie sich mit denen, die ebenso oder vielleicht sogar reicher beschenkt wurden. Hüten wir uns aber alle vor dem Teufel des Neides: Eitelkeit ist mit Abstand seine Lieblingssünde. Amen.

6. Predigtvorschlag

Liebe Schwestern und Brüder!

So schlecht, wie der Pharisäer immer dargestellt wird, ist er gar nicht. Denn sein beherrschendes Gefühl ist die Dankbarkeit. Er ist dankbar dafür, dass Gott ihn vor vielen Unannehmlichkeiten bewahrt hat. Was ist daran so schlecht? Soll er etwa ein schlechtes Gewissen haben, weil es ihm besser geht und er nicht stehlen und betrügen muss - so wie die Zöllner es zu der Zeit ganz eindeutig getan haben sind?

Wenn wir am heutigen Weltmissionssonntag den Blick auf die übrigen Völker dieser Welt richten - vor allem auf die sogenannten Entwicklungsländer - dann sollte für uns auch nicht das schlechte Gewissen überwiegen. Zuerst und vor allem sollten wir Gott dankbar sein. Dankbar für alles, was wir an Annehmlichkeiten haben. Dass es uns offensichtlich besser geht, ist nichts Verbotenes. Und auch nichts Unmoralisches.

Kardinal Ratzinger hat in einem ausgiebigen Interview einmal gesagt, dass er nirgendwo so viele lachende und fröhliche Menschen gesehen hat wie in den Slums und Elendsvierteln der südlichen Großstädte. Nicht hier bei uns, wo es uns doch gut geht - zumindest materiell. Bevor wir also auf die anderen schauen, sollten wir erst einmal für das dankbar sein, was wir haben. Ganz so, wie der Pharisäer.

Nach dem der Pharisäer also seinem Gott in einem leisen Gebet von ganzem Herzen Dank gesagt hat, und damit bestimmt auch den Gefallen Gottes gefunden hat, begeht er aber einen Fehler. Er zeigt auf den Zöllner und fügt seinem Gebet hinzu: Ich danke dir, dass ich nicht bin wie dieser Zöllner.

Damit macht er alles zunichte.

Denn jetzt maßt er sich an, in das Herz dieses einen, ganz bestimmten Menschen zu schauen. Und er verurteilt ihn, er siedelt ihn niedriger an. Anstatt ihm zu helfen, verabscheut er ihn.

Liebe Schwestern und Brüder, wir dürfen dankbar sein, für das, was wir haben. Wir dürfen dankbar sein, dass wir nicht in den Kriegsgebieten dieser Welt leben, in den Überschwemmungsgebieten oder in den Dürrezonen dieser Welt. Wir dürfen sogar dankbar sein, dass wir nicht irgendwelchen brutalen oder zumindest oft grausamen Stammesreligionen angehören, nicht durch Hunger zum Verbrecher werden und es uns leisten können, moralisch zu leben.

Aber wir dürfen uns niemals über einen anderen Menschen erheben. In keines Menschen Herz können wir hineinschauen. Aber darauf kommt es alleine an: Auf das, was im Herzen vorgeht.
Vielmehr sollte aus unserer Dankbarkeit im fließenden Übergang Hilfsbereitschaft erwachsen: Die anderen sollen die gleichen Chancen haben, wie ich sie habe. Ich möchte den ärmsten Verbrechern dieser Welt über eine Linderung ihrer Not die Chance geben, zum Heiligen zu werden.

Wer sich guten Gewissens seines Lebens freut, der gibt auch. Wer dankbar ist, kann auch schenken.

Liebe Schwestern und Brüder,
hüten wir uns davor, aus Unzufriedenheit mit unserem Leben auch anderen das Leben zu erschweren. Aber geben wir aus unserem Überfluss auch nicht nur deshalb, um unserem materiellen Glück noch das gute Gewissen hinzuzufügen. Auch der Spender kann - wie der Pharisäer, der ja auch seinen Zehnten gibt - hochmütig werden.

Halten Sie sich ruhig an die alte Regel, die einmal ein weiser Priester empfohlen hat: Geh immer davon aus, dass alle anderen Menschen besser sind als du. Und geh immer davon aus, dass du selbst besser bist als du denkst.

Amen.

7. Predigtvorschlag

Liebe Schwestern und Brüder!

«Wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt werden, und wer sich selbst erniedrigt, wird erhöht werden.»

Dieser Satz, der das soeben gehörte Gleichnis zusammenfasst, ist uns genauso geläufig wie "Die ersten werden die Letzten sein" oder "Wer nicht wird wie ein Kind, kann das Reich Gottes nicht gewinnen." Damit ist die Demut gemeint, das wissen wir. Aber wie sieht demütiges Verhalten eigentlich aus? «Wer sich selbst erniedrigt» - das klingt danach, als wenn wir uns vor anderen schlecht machen sollten: «Kümmert Euch nicht um mich, ich bin es nicht wert.» «Ich habe noch nie etwas großartiges auf die Beine gebracht» - oder so ähnlich.

Aber das kann es ja auch nicht sein. Wir alle sind ja keine Fehlprodukte Gottes. Gott hat, indem er uns erschaffen hat, Meisterwerke vollbracht. Warum sollen wir dann die unendlichen Gaben Gottes verheimlichen und verstecken?

Es geht doch vielmehr darum, zu erkennen, das alles, was uns ausmacht, Gottes Geschenk ist. Wir sind Wunderwerke, bestaunenswert. Aber nicht wir selbst sollen uns bestaunen lassen, sondern den, der uns geschaffen hat. Der uns das alles ermöglicht hat. Vor einigen Jahren hat man mir zum Geburtstag eine CD der Backstreet-Boys geschenkt - nicht gerade mein Geschmack. Aber im Booklet dieser CD danken die Backstreet-Boys nicht als erstes ihrem Produzenten oder ihren Kollegen - sondern jeder einzelnen dankt zunächst Gott. Dafür, dass sie überhaupt begabt wurden. Das macht die Musik zwar auch nicht besser, aber zumindest sympathischer.

Das hat der Pharisäer in dem Gleichnis zumindest schon einmal richtig gemacht: Er dankt Gott für alles, was ihm geschenkt wurde. Leider führt er es auf sein eigenes Tun zurück; auf sein Fasten und Gebet. Fasten und Gebet sind aber nicht die Ursache dafür, dass Gott uns beschenkt, sondern nur Ausdruck des Danken. Der Pharisäer allerdings begeht einen zweiten Fehler: Er ist nicht nur von seiner eigenen Gerechtigkeit überzeugt; er schaut auch auf die anderen herab und verachtet sie. Das muss er sich auch noch abgewöhnen.

Genauso wie wir. Denn Gott hat einen jeden von uns reich beschenkt; er hat keinen vergessen. Selbst das junge Mädchen aus unserem Dorf, das nicht sonderlich klug und wenig attraktiv gewesen ist, keine nennenswerte Begabung hatte und dazu noch krank war, war von Gott so reich beschenkt worden, dass sie sogar selig gesprochen wurde.

Wenn der Pharisäer, anstatt auf die anderen herabzuschauen, ihnen geholfen hätte, ihre eigenen Begabungen zu entdecken! Was könnten wir in dieser Welt verändern, wenn wir die Gaben Gottes, die in anderen Menschen noch unentdeckt schlummern, zur Entfaltung bringen könnten! Das, liebe Schwestern und Brüder, ist nicht nur die Aufgabe von Eltern, Lehrern oder Priestern, sondern eines jeden Christen.

Die Gaben anderer entdecken, das ist etwas, worauf wir stolz sein dürfen. Anstatt uns über die Fehler anderer auszutauschen, könnten wir doch viel besser über die verborgenen Talente anderer reden. Wir brauchen keine Angst zu haben, dass uns dann hier im Dorf der Gesprächsstoff ausgehen würde. Es ist ja nicht verboten, über andere Leute zu reden. Nur über deren schlechten Eigenschaften sollten wir besser schweigen - weil wir selbst auch genug davon haben.

Die schlechten Seiten der Menschen gehen nur Gott etwas an. Das macht uns der Zöllner vor. Reden wir mit Gott auch darüber, sonst tun es die anderen.

Reden wir mit Gott aber nicht nur über unsere schlechten Seiten. Reden wir mit ihm auch über die Schätze, die wir in anderen Menschen entdecken. Es gibt kaum ein schöneres Gebet. Amen.

Fürbitten