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Predigtreihe zu Paulus

1. Predigt: Predigt zum Fest Pauli Bekehrung

Liebe Schwestern und Brüder, die Bekehrung des Paulus ist schon sprichwörtlich geworden für eine radikale Lebensänderung: Zuvor Saulus, der radikale Christenhasser, der die neue geistliche Bewegung im Judentum verfolgt, aufspürt und vernichtet; der bereit ist, für seinen überlieferten Glauben alles zu wagen, überhall hin u reisen und sogar vor Steinigung und Mord nicht zurückschreckt - und dann, anschließend der Paulus, der Christus liebt, den neuen Glauben predigt, verbreitet und lebt und dabei sogar bereit ist, selbst gesteinigt zu werden, ausgepeitscht und schließlich hingerichtet.

Wir schauen gerne auf solche radikale Lebensänderungen, die uns im Laufe der Jahrhunderte von vielen Heiligen berichtet werden: Von Augustinus und Franziskus, aber auch zum Beispiel von John Pridmore, der "Gangster" im organisierten Verbrechen war und - nachdem er einen Menschen getötet hatte (wie er zumindest glaubte) - sich bekehrte und Priester wurde. Als solchen habe ich ihn im letzten Jahr beim Prayerfestival in Waghäusel getroffen.
Vor allem gefällt uns daran, dass der Wandel so radikal von statten ging. Gerne überzeichnen wir das alte Leben und malen es in den düstersten Farben. Dann wird der Wandel nicht nur noch besonders beeindruckend - dann haben wir auch eine gute Entschuldigung, in diesen Bekehrungen kein Modell für unser eigenes Leben zu sehen. Denn so düster ist unser Leben ja gar nicht- okay, ein paar dunkle Flecken gibt es schon; aber so ganz radikal müssen wir uns doch nicht ändern: Wir glauben bereits an Gott, leben zum allergrößten Teil schon nach den Gebote - den meisten jedenfalls, soweit wir sie überhaupt kennen und können eigentlich ganz zufrieden sein. Abgesehen von einigen Korrekturänderungen hier und da überlassen wir die Saulus-Paulus-Geschichte lieber den radikalen Sündern.

Aber wir haben es uns etwas zu leicht gemacht. Denn so schwarz-weiß sind die Bekehrungen oft gar nicht, so radikal ist der Wandel nur an der Oberfläche. Schauen wir genauer hin, dann stellen wir oft fest, dass es nur einer kleinen Nuance bedarf, um sein Leben zu ändern.

Paulus war als Jude und als Christ ein gläubiger Mensch, vor wie nach seiner Bekehrung ein reisefreudiger Missionar, glühend vor Glauben und Begeisterung für die Idee von Gott. Er hat zuvor wie danach alles für den Gott eingesetzt, den er als wahr erkannt hat.
Mit seiner Bekehrung ändert sich zunächst nur eine Nuance: Er erkennt, dass Jesus Christus Gottes Sohn ist. Für uns scheinbar nur eine Detailfrage (oder haben sie sich schon von ihrem Nachbarn distanziert, weil er Christus nicht für Gottes Sohn hält? Wohl kaum. Wichtiger ist doch, dass er ehrlich und freundlich ist, oder?). Aber an dieser kleinen Veränderung richtet sich nun der gesamte Saulus neu aus. Er wird nicht wirklich ein ganz anderer - aber er gewinnt ein neues Zentrum, eine neue Mitte, um die sich dann die ganzen alten Eigenschaft neu gruppieren. Er bleibt der Theologe, der Eiferer, der Missionar, der Völkerwanderer - aber jetzt mit einer anderen Botschaft.
Auch John Pridmore ist gar nicht so sehr gewandelt. "Hungrig" war er. Hungrig nach Anerkennung, Wertschätzung und Erfolg. Einen unstillbaren Lebensdurst hatte er - und hat er heute noch. Nur die Quelle, aus der er seinen Durst löschen wollte ist heute eine andere: Die Liebe Gottes, seine Gnade und Verzeihung.

Aber es hat sich nicht nur das Ziel im Leben des Paulus geändert. Während Paulus (und auch John Pridmore) in ihrem ersten Leben für ihre Lebensziele bereit waren, sogar über Leichen zu gehen, haben sie durch Jesus Christus erkannt, dass IHN zu lieben heißt, auch SEINE Gebote zu achten. Und gerade das macht den Weg des Glaubens schließlich zu einen ganz anderen Weg; den Weg des Kreuzes. Und daran erkennen wir schließlich, ob wir uns tatsächlich wandeln.

Liebe Schwestern und Brüder, reden sie sich nicht heraus, dass sie eine solche Bekehrung nicht nötig haben. Aber fürchten sie sich auch nicht davor. Wie bei Paulus und wie bei John Pridmore brauchen sie zunächst nur eine Kleinigkeit zu ändern: Ihr Verhältnis zu Gott, zu Jesus und seiner Kirche. Wenn sie lieber sterben, als zu sündigen und lieber verspottet werden, als die Kirche zu verlassen, dann ändert sich ihr Leben nach und nach ganz von alleine. Vielleicht vollkommen, vielleicht aber auch vollkommen unsichtbar. Amen.

2. Predigt: Predigt zum 1. Fastensonntag

Liebe Schwestern und Brüder,

ausgerechnet jetzt, am 1. Fastensonntag, wo ich meine Predigtreihe über Paulus fortsetzen möchte, ist für die zweite Lesung nicht ein Paulus-Brief (wie ja meistens üblich), sondern ein Brief des Apostel Petrus ausgewählt worden. Aber vielleicht ist es gar nicht so schlecht, heute einmal das Verhältnis der beiden - Paulus und Petrus - zueinander zu beleuchten.

Paulus begegnet seiner Berufung zum Apostel auf dem Weg nach Damaskus, indem er direkt mit Jesus Christus konfrontiert wird. Er ist nicht etwas Schüler eines anderen Apostels gewesen oder durch das Lesen christlicher Literatur zum Glauben gekommen, sondern durch die Begegnung mit dem Herrn direkt.

Im Anschluss daran beginnt er überraschend schnell mit der Predigt und Mission, ohne zuvor mit Petrus oder anderen Aposteln Kontakt aufzunehmen. Erst nach drei Jahren ging er nach Jerusalem, um Petrus kennenzulernen. 15 Tage blieben diese beiden Apostel zusammen, und am Ende legte Petrus dem Paulus nicht etwa die Hände auf - wie es ja auch schon beim Matthias gemacht wurde, der dadurch den Judas als Apostel ersetzte - sondern sie gaben sich schlicht die Hand. Paulus war - wie auch Petrus - direkt durch den Herrn berufen, geweiht und beauftragt. Welche ein grandioses Zeichen der Demut gerade des Petrus!

Aber das zweite Treffen war dann schon weniger erfreulich. Petrus hielt sich schon länger in Antiochien auf, als dann Paulus später dort hinzukam. Nun muss man wissen, dass Antiochien eine gemischte Gemeinde aus Heidenchristen und Judenchristen war. Die Judenchristen, die zunächst Juden gewesen waren und dann Jesus als Messias und Gottes Sohn anerkannten, hielten sich weiterhin als den größten Teil des mosaischen Gesetztes und aßen z.B. nur koscheres Essen. Die Heidenchristen, die niemals Juden gewesen waren und sich nach ihrer Taufe auch nicht dem jüdischen Gesetz verpflichtet fühlten, sahen natürlich keine Veranlassung, auf ihre gewohnte, nicht-koschere Mahlzeiten zu verzichten.
Aber, anstatt nun ein Herz und eine Seele zu sein, wie Christus es verlangte, sonderten sich die Judenchristen ab und hielten ihre eigenen Mahlzeiten nach den eigenen Regeln - und Petrus, dem eigentlich der Dienst an der Einheit der Kirche aufgetragen war, ließ sich von ihnen mitziehen.

Und genau in diese Situation platzte Paulus herein und stellte Petrus zur Rede. Eine brisante Situation - und eine Situation der klassischen Versuchung. Was würden Sie tun, wenn sie offen vor der ganzen Gemeinde (vor der gesamten Belegschaft, vor der Familie oder allen Freunden) angegriffen werden? "Flucht!" ist da leicht der erste Gedanke.

"Paulus, Du hast mir gar nichts zu sagen. Ich bin der Chef. Mir hat Jesus die Schlüssel gegeben!" wäre doch in Ordnung gewesen, oder? Wer kritisiert wird, flüchtet schnell in Nebendiskussion und beruft sich auf scheinbare Rettungsinsel: "Du hast kein Recht dazu!" - "Okay, aber nicht in diesem Ton!" - "Hast Du eine offizielle Erlaubnis?" - "Einen Ausweis?" - "Die entsprechenden Formular in dreifacher Ausfertigung?"

Aber auch Paulus war sicherlich stark in Versuchung, seinen Angriff legitimieren zu müssen. Das wäre ganz einfach gewesen: "Du bist bloß Fischer. Ich habe studiert!" - "Wer ist hier der Theologe? Du oder ich?" - "Ich habe den Herrn als Letzter gesehen!"

Das ist Versuchung: Abkürzungen zu nehmen. Sich herauszureden. Dabei scheint es wirklich so, als gäbe es einen Versucher, der diese Bilder in uns aufsteigen lässt: Es könnte so einfach sein, jetzt zu lügen - so zu tun als ob - den anderen ins Messer laufen zu lassen - die Lacher auf seine Seite zu bringen...

Was tun? Nun, das was Jesus uns im Evangelium sagt: "Kehrt um!" Nicht auf diese Stimmen zu hören, hat nichts mit Verdrängung zu tun (wie uns das manche Psychologen einreden wollen), sondern mit Umkehr. Sich einfach von den scheinbaren Fluchtwegen abzuwenden und - Jesus zuzuwenden. In Sein Gesicht schauen.

Weder Petrus noch Paulus erliegen diesen Versuchungen. Deshalb sind sie uns Vorbilder. Beide haben den Herrn leibhaft vor Augen gehabt und wollen sich nicht abwenden. Wer aber dem Herrn zugewandt bleibt, wer sich nicht in Nebendiskussion flüchtet, der findet auch zueinander.

Liebe Schwestern und Brüder, die Versuchungen lauern überall - auch dann, wenn wir Recht haben oder recht zu haben glauben. Aber Gott will keine Rechthaber, sondern Menschen, die sich IHM immer wieder zuwenden. Wenn wir nun, zu Beginn der Fastenzeit, vor allem eins vor Augen haben: den Herrn, dann erscheint uns schnell jede Versuchung, die in uns aufsteigt, als das, was sie ist: Ein Flucht, eine Scheinwirklichkeit, hohl und brüchig. Dann ist Heiligkeit keine Leistung mehr, sondern eine Selbstverständlichkeit; dann ist der Ruf Jesu "Kehrt um!" das, was er sein soll: Frohe Botschaft, Evangelium. Amen.