Alternative Jenseitsvorstellungen: Die All-Erlösung  | In der Katechese Leben nach dem Tod" wird die katholisch-biblische Sicht dessen beschrieben, was nach dem Tod auf uns wartet. Nun gibt es allerdings in der katholischen Kirche - vor allem aber in anderen christlichen Konfessionen - andere Vorstellungen von dem, was nach dem Tode geschieht. Und auch sie berufen sich auf die Bibel.
Darüber hinaus halten auch Jenseits-Vorstellungen aus dem nicht-christlichen Bereich (vor allem die Vorstellung der Wiedergeburt - Reinkarnation) Einzug in unseren Glauben.
Zwei Inhalte bewegen und erregen die Gemüter vor allem: Dass die Seele eine zeitlang ohne Leib existieren soll - und dass am Ende neben dem Himmel auch noch eine Hölle existiertl. Um diese beiden Streitpunkte zu umschiffen, wurden noch weitere Alternativen zur katholischen Jenseitsvorstellung entwickelt: Die End-Entscheidungshypothese, die Auferstehung im Tod und die All-Erlösung.
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Die All-Erlösung:
»Wir
kommen alle, alle, alle in den Himmel!«
Die Frage nach der Hölle - ob sie existiert, ob Menschen in der
Hölle sind, und vor allem, unter welchen Umständen sie dorthin
gekommen sind - ist wahrscheinlich die Ur-Frage aller Fragen nach dem
Jenseits. Im Grund fußt jede Religion auf der vor-rationalen Angst
- oder auch der realistischen Einschätzung -, dass mein Leben einen
verfehlten Ausgang haben könnte.
Theologen aller Zeiten und aller Konfessionen haben diesen Glauben an
eine ewige Verdammnis als "furchtbares Mysterium", "Denkerische
Überforderung", "schmerzliches Geheimnis", "erschütternde
Wahrheit" bezeichnet - und oft zugegeben, dass wir es hier auf Erden
niemals ganz begreifen werden.
Allerdings ist dieses "philosophische und theologische Ungeheuer"
- die Hölle - nicht nur oft geleugnet und umgedeutet worden; es findet
sich eine überwältigende Kontinuität von den biblischen
Aussagen bis zur heutigen Zeit.
Die Botschaft der christlichen Religion ist eine Frohe Botschaft: Nicht
die Nachricht von der Hölle, sondern die Kunde von einem liebenden
Gott ist unser Evangelium. Aber die Frage, auf die der christliche Glaube
antwortet, ist die Frage nach dem Heil: "Was muss ich tun, um in
den Himmel zu kommen?" - Würden wir die Möglichkeit des
ewigen Scheiterns streichen, hätte sich auch jede Frage nach Gott
und Religion erübrigt.
Der Grund aller Religion
Atheistische Weltanschauung
Wenn wir davon ausgehen, dass wir auf Erden leben und mit unserem irdischen
Tod einfach alles zuende ist - dann brauchen wir keine Religion. So denkt
der Atheismus, und soweit ist er ersteinmal konsequent. Ob es in dieser
Weltanschauung einen Gott gibt, ist einerlei: Spätestens wenn wir
tot sind, spielt es eh keine Rolle mehr.
All-Erlösungsglaubende
Wenn wir davon ausgehen, dass wir auf Erden leben und schließlich
alle einmal in den Himmel kommen - ganz automatisch -, dann brauchen wir
auch keine Religion. So denken viele Halb-Christen, und soweit sind sie
überhaupt nicht konsequent. Da wir alle in den Himmel kommen werden,
ist es egal, wie wir leben. Wenn wir tot sind, finden wir uns alle im
Himmel wieder. Warum dann noch anstrengen?
Der mittlere Weg der Religionen
Aber wenn wir in einer Entscheidungswelt leben, und am Ende die Erlösung
bzw. der Himmel nicht automatisch kommt, dann brauchen wir Religion. Religion,
die uns sagt, was wir tun müssen, damit wir so leben, dass wir am
Ende das Glück finden.
Die besondere Mitte des Christentums
Die Religionen dieser Welt sagen uns also, wie wir zu leben haben, damit
wir Gott nicht verpassen - weil alle religiösen Menschen die Möglichkeit
des misslungenen Lebens vor Augen haben. Während die nicht-christlichen
Religionen dieser Welt Rezepte anbieten, wie die Menschen zu Gott kommen,
verkündet das Christentum das Gegenteil: Wir glauben, dass Gott zu
uns gekommen ist. Nicht wir müssen uns erlösen (wie in allen
anderen Religionen), sondern Gott kommt, um uns zu erlösen.
Aber das ändert nichts daran, dass es immer noch die Möglichkeit
gibt, diese Erlösung zu verpassen oder abzulehnen. Denn wenn Gott alle
Menschen - also wirklich alle - erlöst hätte, auch gegen deren Willen
und deren ausdrückliche Ablehnung, dann hätte sich damit auch wieder
jede Religion erledigt. Wir brauchten dann nur noch abwarten, bis wir sterben.
Gott hat uns erlöst, ist doch alles bestens."
Aber es gibt eine christliche Religion - da die Erlösung, die
Gott uns durch den Tod des Sohnes am Kreuz erwirkt hat, nicht automatisch
wirkt, sondern vom Menschen in Freiheit angenommen werden muss. Die Tür
zum Heil ist von Gott selbst geöffnet worden - aber ob die Menschen durch
diese Tür gehen, ist ihnen überlassen.
Die Qual der Wahl - Die Freude der Entscheidung
Auf den ersten Blick wäre es natürlich fein, wenn wir für
unsere Erlösung nichts tun müssten. Den zweiten Blick sparen
sich dann die meisten Menschen. So gibt es glühende Verfechter der
All-Erlösung, die glauben, damit dem Menschen eine große Last
von der Schulter zu nehmen.
Aber auf den zweiten Blick wird klar, dass Gott, der uns ohne uns zu fragen
und ohne unsere Mitwirkung uns einfach erlöst, nicht sehr liebevoll handelt.
Denn dann werden wir zu Marionetten, die einfach umgedreht werden, um nun
auf Gott zuzulaufen. Wenn Gott uns auch gegen unseren Willen erlöst,
dann verliert alles, was wir tun, seine Bedeutung. Schließlich verliert
der Mensch seine Freiheit.
Also erlöst uns Gott nur, wenn wir wollen. Wenn wir Ja"
sagen zu seiner Erlösung. Er zwingt uns nicht, er lässt uns
die Wahl.
Natürlich empfinden Menschen die Möglichkeit der Wahl immer
auch als Qual. Okay - die Entscheidung, eine Digitalkamera zu kaufen,
wird wirklich zur Qual, wenn es -zig verschiedene Modelle gibt, die alle
irgendeinen Vorzug haben. Aber daraus den Schluss zu ziehen, es wäre
besser, gar keine Wahl zu haben, gilt vermutlich nur für Digitalkameras.
Bei Gott ist die Entscheidung anders: Es geht ja nicht um eine Auswahl
zwischen verschiedenen Modellen. Gott bietet uns die Erlösung an
- und erwartet eine Zusage. Es gibt keine Qual der Wahl - sondern nur
die Freude, diese Zusage geben zu können.
Wenn wir im Supermarkt vor den Regalen stehen und uns für eine Sorte
von Nuss-Nougat-Creme entscheiden müssen, dann wünschen wir
uns manchmal (zumindest gilt das für mich), dass mir jemand die Wahl
abnimmt. Wenn es nur noch eine Sorte gibt, dann wird es doch einfacher!
Aber selbst dann habe ich noch die Wahl, diese eine Sorte zu kaufen oder
nicht. Wenn mir auch noch diese Freiheit genommen wird, dann bin ich kein
Mensch mehr - sondern ein Einkauf- und Konsumroboter.
Dass Gott uns die Freiheit lässt, an der Erlösung mitzuwirken,
ist keine unnötige Qual. Er stellt uns ja keine 27 verschiedenen
Erlösungsmodelle vor, sondern nur eins: Die Liebe zu Christus. Aber
diese eine Entscheidung kann er uns nicht nehmen, ohne uns unser
Menschsein zu nehmen. Aber wir müssen eben nicht (qualvoll) wählen,
sondern brauchen uns lediglich freudig entscheiden.
Freiheit setzt voraus, dass man sie missbrauchen
kann
Und damit sind wir bei dem Reiz und dem Widerspruch, der die All-Erlösungstheorie
ausmacht: Es wäre schon reizvoll, wenn Gott uns die Qual der Wahl abnimmt.
Aber wenn er uns auch die grundsätzliche Entscheidung abnehmen
würde, dann würde er uns alles abnehmen, was er uns geschenkt
hat.
Wenn Gott uns die Freiheit schenkt, sich für Ihn zu entscheiden
- und uns gleichzeitig die Möglichkeit nimmt, diese Freiheit zu einer
Entscheidung gegen Ihn zu missbrauchen - dann hat er uns eben KEINE Freiheit
geschenkt.
Der biblische Befund
Es ist und bleibt unbegreiflich: Die selben Schriften, die davon berichten,
dass Gott die Welt so sehr geliebt hat", dass er seinen eigenen
Sohn hingab (Joh 3,16) und dass Gott die Liebe ist" (1 Joh
4,8) - dieselben Schriften berichten auch von der Hölle.
So ist von den Qualen die Rede, die der Reiche in der Unterwelt erleiden
muss (Lk 16,23); von der engen Tür, durch die nicht alle kommen -
und auch von der verschlossenen Tür (Lk 13,24ff); davon, dass es
für einige besser sei, mit einem Mühlstein um den Hals ins Wasser
geworfen zu werden (Mk 9,42-48) oder dass es besser sei, einzelne Gliedmaßen
zu verlieren als unversehrt dem Verderben der Hölle zu verfallen,
wo ihr Wurm nicht stirbt und das Feuer nicht erlischt". Matthäus
spricht von der Scheidung der Schafe und Böcke, der Guten und Bösen,
der Spreu vom Weizen; der Täufer droht damit, dass ohne Frucht zu
bringen die Spreu im nie erlöschenden Feuer verbrannt wird"
(Mt 3,10.12). In Mt 13,40-42 heißt es: Wie nun das Unkraut
aufgesammelt und im Feuer verbrannt wird, so wird es auch am Ende der
Welt sein: Der Menschensohn wird seine Engel aussenden, und sie werden
aus seinem Reich alle zusammenholen, die andere verführt und Gottes
Gesetz übertreten haben, und werden sie in den Ofen werfen, in dem
das Feuer brennt. Dort werden sie heulen und mit den Zähnen knirschen.
Dann werden die Gerechten im Reich ihres Vaters wie die Sonne leuchten.
Wer Ohren hat, der höre!"
Weiter Stellen finden sich in Mt 13,47-50; Mt 18,8f; Joh 15,6; Mt 25,41.46;
Mt 7,23; Lk 13,27; Mt 24,43-51; 25,13; 1032f; Mk 8,38; Lk 9,26; 21,36;
Mt 16,25f; Mk 8,36; Lk 9,24; Joh 12,25; Mt 10,28; 1 Kor 6,9ff, Eph 5,5;
Gal 5,21; Gal 6,8; Phil 3,19; 2 Thess 2,10; Hebr 3,18; 4,6; 10,26ff; 12,15ff;
12,25; Judas 1,7; 2 Petr; Offb 2,11; 20,6.14; 21.8; 20,13f; 14,10f.
Einwände gegen die Ewige Verdammnis
Gott ist doch allmächtig. Kann er da nicht was
dran ändern?
Manchmal hört man den vertrauensvollen Satz: Gott ist allmächtig.
Er wird auch den schlimmsten Sünder bekehren..." - Tja, hinter
einer solchen Aussage steckt wirklich viel Gottvertrauen.
Aber wenig Liebe zu Gott. Denn Gott kann nicht böse sein. Er kann
nicht beschließen, ab morgen nicht mehr zu existieren. Er kann sich
nicht in Luft auflösen. Er kann nicht lügen. Und er kann
auch nicht lieblos handeln. Jemanden gegen seinen Willen aber zu etwas
zwingen, ist äußerst lieblos.
Man kann sagen, dass Gottes Allmacht vor dem freien Willen des Menschen
halt macht. Aber schöner ist es, wenn man es so formuliert: Gottes
Allmacht ist so groß, dass er sogar die Macht hat, sich selbst zurückzunehmen
und dem Menschen seine eigene Freiheit zu lassen. Diese Freiheit kann
der Mensch auch missbrauchen. Wenn Gott dann doch wieder eingreift und
diese Entscheidung eigenmächtig korrigiert, ist das kein Zeichen
seiner großen Allmacht - sondern ein Rückschritt. Gerade dem
größten Sünder noch seine Freiheit zu lassen, ist Zeichen
seiner Allmacht und Größe."
Letztlich steckt hinter dem Gedanken, Gott könne so etwas wie die
Hölle nicht zulassen, die stillschweigende Unterstellung, Gott wäre
verantwortlich für die Entscheidung des Menschen gegen Gott - oder
würde den Menschen gegen seinen Willen dorthin verbannen. Man kann
nicht oft genug betonen, dass die Hölle keine gegen den Menschen
verhängte Strafe ist, sondern eine direkte Konsequenz des menschlichen
Willens. Gott respektiert diese Entscheidung - er trifft
sie nicht.
Drohbotschaft oder Frohbotschaft?
Wichtig und richtig ist der Einwand, dass es sich bei der christlichen
Botschaft um eine Frohbotschaft handelt - und nicht um eine Drohbotschaft.
Soweit, so richtig. Und wenn es tatsächlich keine Hölle gäbe,
sondern die Kirche nur mit der Hölle drohen würde, dann hätte
sie ihren Auftrag verfehlt. Wir wollen die Menschen nicht mit Gott versöhnen,
weil ihnen ansonsten unsägliches Leid droht - sondern weil es herrlich
ist in den liebevollen Armen Gottes.
Aber wenn es die reale Möglichkeit gibt, sich aus diesen Armen Gottes
zu lösen, so ist es ebenfalls ein Gebot der Liebe, auf diese Gefahr
zu verweisen. Sie darf keineswegs zum Hauptbestandteil der Verkündigung
werden. Ein Verschweigen dieser Möglichkeit ist aber ein mindestens
ebenso großer Verstoß gegen die Liebe wie eine Überbetonung
dieser Möglichkeit.
Auf die Gefahren im Straßenverkehr, bei der Gesundheitsvorsorge
oder bei der Gesetzgebung zu verweisen, ist ein Gebot der Liebe - und
das gilt selbstverständlich für den noch wichtigeren Bereich
des Gottesbeziehung.
Dann will ich nicht in den Himmel!
Sich vorzustellen, ein sehr nahestehender Mensch könne in der Hölle
gelandet sein, führt gelegentlich bei den trauernden Angehörigen
zu dem Entschluss: Unter diesem Umständen will ich nicht in
den Himmel!"
Ein Bekenntnis, das sicherlich aus großer Liebe heraus gemacht
wird. Aber dennoch dürfen wir darauf vertrauen, dass Christus dem
Verstorbenen in größtmöglicher Liebe zugetan ist und alles
versucht und auch getan hat, um eine Liebesbeziehung zu erhalten. Wenn
Christus ihn sogar durch sein Leiden und seinen Tod nicht zur Liebe bewegen
konnte, dann können auch wir es nicht.
Bevor wir uns allerdings auf eine solche Diskussion einlassen, ist es
sinnvoller, darauf hinzuweisen, dass die Kirche für keinen Menschen
die Hoffnung aufgegeben hat - und uns alle ermuntert, ebenfalls fest in
der Hoffnung auch für unsere Lieben zu bleiben.
Barmherzigkeit Gottes und die Hölle
Bleibt noch ein letzter, sehr intensiver Einwand: Ist es mit der Barmherzigkeit
Gottes vereinbar, dass Menschen in alle Ewigkeit in der Hölle schmoren
müssen? Kann ein liebender Gott sich selbst treu sein, wenn er weiß,
dass seine Geschöpfe für alle Ewigkeit diese Liebe entbehren.
Auch hier steckt der verborgene Gedanke, dass es die Hölle nicht
gäbe, wenn Gott etwas daran ändern würde. Das verblüffende
ist und bleibt aber: Gott kann daran nichts ändern! Er hat
den Menschen die Freiheit gegeben und er würde sich selbst und seiner
Güte und Liebe widersprechen, wenn er den Menschen diese Freiheit
wieder nehmen würde. Gott kann sich aber nicht selbst widersprechen.
Er kann nichts tun, was seinem eigenen Wesen widerspricht.
Weder Gott - noch die Kirche - haben sich die Hölle ausgedacht und
sie in die Welt gesetzt. Sie ist eine notwendige Konsequenz der Freiheit
- und schließlich ein Opfer auch für Gott.
Der Weg in die Hölle - Die Todsünde
Die verzweifelten Versuche, die Existenz der Hölle wegzutheologisieren,
rührt vermutlich auch daher, dass die Bedingungen, die zu einer Verdammung"
führen, im Bewusstsein der Menschen völlig unklar sind - und
deshalb Befürchtungen auftauchen, aus Versehen in der Hölle
zu landen.
Vor allem, wenn dann noch der Begriff Todsünde" auftaucht
und vermischt wird mit den Sieben Todsünden" (die seit
dem berühmten Film mit Brad Pitt den meisten Menschen geläufig
sind), geht ein auf Aufschrei durch die (Kino-)Gemeinde: Wenn Eitelkeit,
Neid, Zorn, Lust, Völlerei etc." eine Todsünde ist - sind
wir dann nicht alle verdammt?
In die Hölle zu kommen ist gar nicht so einfach....!
Zufällige Todsünden...
...gibt es nicht. Zur Todsünde" gehört eben nicht
nur, dass die Kirche eine bestimmte Tat zur schweren Sünde erklärt
hat (das ist überhaupt nicht möglich), sondern auch die
eigene Einsicht, das klare Bewusstsein, der freie Entschluss - und die
Erkenntnis, dass man sich mit dieser Tat gegen Gott stellt.
Überhaupt ist eine Tat erst dann eine Todsünde, wenn sie in
bewusster Abkehr von Gott geschieht.
Die sieben Todsünden...
....sind in diesem Sinne keine Todsünden. Deshalb ist es besser,
sie als Wurzelsünden" oder Hauptsünden"
zu bezeichnen. Die sieben Todsünden" sind menschliche
Regungen und Neigungen, die zur Sünde leiten und führen können
- aber noch nicht selbst Sünde sind. Gefühle des Neids,
des Zornes oder der Eitelkeit können unmotiviert bei jedem auftauchen;
sie werden erst zur Sünde, wenn Du in diese Gefühle einwilligst
und sie nährst - und schließlich in eine Handlung münden
lässt.
...also?
In die Hölle kommt - das kann, glaube ich, nicht oft genug wiederholt
werden - nur derjenige, der dort sein will. Also derjenige, der sich weigert,
in Gemeinschaft mit Gott zu treten. In der Sprache der Kirche heißt
das: Wer eine Todsünde begeht, sie nicht bereut und in dieser Verhärtung
gegen Gott stirbt.
Eigentlich versteht sich daraus von alleine, dass man gar nicht aus Versehen
in der Hölle landen kann... aber weil mich immer wieder dementsprechende
Fragen erreichen, will ich hier nochmal betonen:
-
Wer den Vorsatz hat, seine Sünden zu beichten, aber ohne Schuld
nicht dazu kam, ist nicht automatisch verdammt.
-
Wer den Vorsatz hat, sich taufen zu lassen, aber ohne Schuld nicht
dazu kommt, ist nicht automatisch verdammt.
-
Wer schwer gesündigt hat, ohne sich dessen wirklich bewusst
zu sein, ist nicht automatisch verdammt.
-
Wer schwer gesündigt hat, ohne es wirklich zu wollen, ist
nicht automatisch verdammt.
-
Wer von Gott, Jesus, der Kirche, der Beichte oder dem, was damit
zusammenhängt, ohne eigenes Verschulden noch nichts gehört
hatte - und deshalb schwer sündigt, ist nicht automatisch
verdammt.
-
Wer in einer Phase der persönlichen Schwäche schwer sündigt
(z.B. während einer Depression, unter Stress-, Alkohol- oder
Drogeneinfluss, während einer psychischen Überforderung
oder in Situationen, die ich hier gar nicht alle aufzählen kann...),
ist nicht automatisch verdammt.
Warum keine Entscheidung im Jenseits?
Vor dem Tod fällt die Ablehnung der Gemeinschaft mit Gott
eventuell leichter. Nach dem Tod, wenn ich Gott in seiner Herrlichkeit
und Liebe sehe (die Bibel nennt es von Angesicht zu Angesicht"),
scheint uns eine Entscheidung gegen Gott nicht möglich. Wir stellen
uns das so vor, dass wir hier auf Erden leider immer wieder abgelenkt
sind, mal zu wenig Zeit haben oder schlicht wichtigeres zu tun. Im Jenseits
aber bleibt uns dann ja nichts anderes als Gott, oder?
Das ist ein Missverständnis. Gott von Angesicht zu Angesicht
schauen" ist keine natürliche Notwendigkeit - sondern Frucht
unserer irdischen Entscheidungen. Mit anderen Worten: Die Entscheidung
gegen Gott geschieht nicht erst, wenn man sich in die Augen schaut"
- sondern schon vorher. Wer sich gegen Gott entscheidet, entscheidet sich
vor allem, IHN erst gar nicht schauen zu wollen.
Sehen ist eben kein passiver Prozess (so wie z.B. im Film Clockwork
Orange", in dem ein unverbesserlicher Gewalttäter gezwungen wird,
abschreckende Filme zu schauen: Wenn der Himmel so ist, dann will ich da nicht
rein!), sondern etwas, dass der Mensch wollen und anstreben muss.
Deshalb bringt das Jenseits nichts Neues. Wer sich weigert, Gott zu schauen,
erfährt nach seinem Tod nichts Neues. Ohne Gott ist es da einfach nur
dunkel.
Wunderbar hat das C.S.Lewis in dem letzten Band seiner Narnia-Chroniken
(Der letzte Kampf ") geschildert. Da sitzen die Zwerge, die
sich gegen Gott verschworen haben, im wunderschönen Jenseits - und
sehen doch nur sich selbst und eine trostlose Hütte. Und während
sich für die Guten eine unendliche Landschaft eröffnet, bleiben
die Zwerg wohl in alle Ewigkeit blind dafür.
In die Hölle zu kommen ist gar nicht so schwer....!
Wenn aber alle (!) Entscheidungen für das Jenseits bereits hier
auf Erden getroffen werden, ist es vielleicht doch nicht so schwer, in
die Hölle zu kommen. Denn das Wesen der irdischen Entscheidungen
ist, dass wir ihnen nicht aus dem Weg gehen können - und auch denn
eine Entscheidung für oder gegen Gott treffen, wenn wir uns dieser
Entscheidung verschließen.
Das muss ich vielleicht ein wenig illustrieren: Wer Gott im Jenseits
nicht schauen will, der trifft diese Entscheidung schon hier auf Erden.
Und das nicht nur, weil er die Liebe Gottes rundweg ablehnt und deshalb
seine Augen verschließt.
Sondern auch, wer glaubt, der großen Entscheidung gegen Gott
aus dem Weg gehen zu können, indem er sich bewusst ein Leben lang
mit dieser Frage gar nicht auseinandersetzt, verhärtet sich im Nicht-Schauen-Wollen".
Aber auch, wer der Gottesfrage eigentlich offen gegenübersteht, aber
die Konsequenzen einer Beziehung zu Gott fürchtet, will gar nicht
sehen, was er verpasst. Und wird blind.
Sogar der, der jederzeit die Möglichkeit hat, in der Verkündigung
der Kirche der Barmherzigkeit Gottes begegnen, es sein Leben lang vorzieht,
lieber im Bett liegen zu bleiben, lehnt das Schauen Gottes ab.
Wohlgemerkt: Nur, weil ich einmal im Bett liegen bleiben,
anstatt zum Gottesdienst zu gehen - und selbst, wenn das das letzte ist,
was ich in diesem Leben tue - lande ich nicht in der Hölle.
Der, der weiß - oder vermutet - dass er bei einer bestimmten Gelegenheit
hier auf Erden mit Gott konfrontiert werden könnte, und deshalb dieser
Gelegenheit aus dem Weg geht, verschließt seine Augen. Auch wenn
er sich nicht ausdrücklich gegen Gott entscheidet. Das ist das Wesen
der Entscheidungen hier auf Erden.
Mach den Hölle-Himmel-Test
Schließ einfach mal die Augen und stelle Dir folgende Frage:
Natürlich musst Du erst die Frage lesen und dann
die Augen schließen...
Was tust Du eigentlich am liebsten? Wofür würdest Du alles
andere stehen und liegen lassen? Was ist es, was Dich am meisten erfüllt?
Pizza Essen? Fernsehen? Arbeiten? Spazieren? Party? Lachen?
Jetzt die Augen für ein paar Momente schließen und
dann weiterlesen...
Noch eine Frage: Was wünscht Du Dir am sehnlichsten? Welchen Wunsch
hast Du, gegen den jeder andere Wunsch verblasst? Was ist es eigentlich,
das Du zutiefst ersehnst?
Einen Lottogewinn? Einen Mercedes? Ein eigenes Haus - oder ein noch größeres?
Nochmal für ein paar Momente die Augen schließen
und nach einer Antwort suchen...
Nehmen wir einmal an, dass Gott an Deinen Wünschen und Vorlieben
nicht vorbeigeht, dass er unsere tiefsten Wünsche im ewigen Leben
erfüllen wird. Stell Dir vor:
Ewig essen! (Selbst wenn es die beste Pizza wäre, denke ich, dass
das eher die Hölle ist.)
Ewig fernsehen! Wohlmöglich noch RTL2 - das ist die Hölle.
Ewig Mercedes fahren - entscheide selbst, ob das der Himmel oder die Hölle
ist.
Ich bin fest davon überzeugt, dass Gott tatsächlich nicht an
unseren Wünschen und Wollen vorbeigeht - was immer es auch sei.
Wenn aber unser liebstes Tun hier auf Erden ist, Gott zu erkennen, wie
gut er ist, Ihn lieben zu wollen, das Gute im Menschen zu erkennen,
endlich vorbehaltlos lieben zu können, wenn wir uns nichts sehnlicher
wünschen, als die Menschen um uns herum, so wie sie sind, zu lieben
- ewig lieben: Das ist nicht langweilig, das ist der Himmel. Unseren lieben
Gott endlich so zu erkennen, wie er ist, wie gut er ist - das ist das
Paradies.
Ich mache es mir zu einfach? Vielleicht mache ich es mir wirklich zu
einfach. Aber warum kompliziert, wenn es einfach geht?
Vielleicht haben wir es deshalb lieber kompliziert, weil wir nicht wahrhaben
wollen, dass wir hier und jetzt selber darüber entscheiden, wie unser
Himmel und unsere Hölle aussieht. Wie auf Erden, so auch im Himmel.
Wir selbst schaffen uns unsere Zukunft, weil Gott nicht an unseren Willen
vorbeigehen will.
Fazit
Im Grunde treffen sich hier alle zuvor genannten Theorien: Sowohl die Ganz-Tod-Theorie,
als auch die End-Entscheidungshypothese, die Wiedergeburt und die Auferstehung
im Tod beziehen ihre Faszination daraus, auch ohne Hölle auszukommen.
Wenn die Kirche jedoch an der Möglichkeit der Hölle festhält,
dann nicht, weil sie so verliebt ins ewige Feuer ist - sondern weil an dieser
Frage die Würde des Menschen hängt.
Weil Gott uns die Freiheit zur Liebe geschenkt hat, liegt unser Glück
auch nur in der Liebe, die wir frei wählen. Gott wird diese Entscheidung
nicht verhindern oder aufheben - selbst, wenn wir uns von ihm abwenden
und lieber das Vergängliche lieben.
Aber es gehört nicht viel dazu, sich Gott zuzuwenden. Er wirbt um
uns, unser ganzes irdisches Leben lang. Und er zeigt uns an den vielen
himmlischen Menschen, wie schön es bereits hier auf Erden ist, sich
Gott zuzuwenden. Wie schön muss es dann erst in alle Ewigkeit sein!
Die Frage nach der All-Erlösung ist der letzte Teil einer vier-teiligen
Katechese. Möchtest Du die anderen Teile noch lesen?
Weiterlesen:
Alternative Jenseitsvorstellungen
Weiterlesen:
Der Glaube an die Wiedergeburt (Reinkarnation)
Weiterlesen:
Die End-Entscheidungshypothese und die "Auferstehung im Tod"
Möchtest Du mir schreiben? Für diese Katechese
ist
Peter verantwortlich.