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Neue Site - empfehlenswert! Ein Ableger der Karl-Leisner-Jugend: aktueller, kürzer, frischer und moderner: www.gut-katholisch.de.

Filme in der Jugendarbeit

Man muss nicht einen Spielfilm diskutieren, analysieren und sezieren, damit er wirkt. Gute Filme sind halt deshalb gut, weil sie ihre eigene Sprache sprechen und darüber (oft) mehr transportieren, als durch eine nachträgliche Analyse.

Aber welche Filme sind wirklich gut? Am besten, Du entscheidest selbst. Vielleicht kann Dir diese Seite unserer Homepage etwas behilflich sein: José García, anerkannter Filmkritiker mit einer eigenen Site ( www.textezumfilm.de) hat uns freundlicherweise erlaubt, einige seiner Besprechung hier zu veröffentlichen, die anderen stammen von Stefan Rottbeck, einem engagierten Jugendlichen.

Für "Kritik an unserer Kritik" oder sonstige Anregungen sind wir immer dankbar; schreib einfach an den webmaster.

Theologische Rezension: Life of Pi hier.

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Filmbewertung: Dogville

Wertung: 4.0 von max. 5 Sternen
Regie: Lars von Trier
Darsteller: Nicole Kidman, Harriet Andersson, Lauren Bacall, Jean-Marc Barr, Paul Bettany, James Caan, Patricia Clarkson, Ben Gazzara
Land, Jahr: Dänemark 2003
Laufzeit: 178 Minuten
Genre: Drama - Gleichnis
Publikum: Erwachsene
FSK: 12

Inhalt

Im Mittelpunkt der Spielfilme, die den dänischen Regisseur Lars von Trier zu einem der bekanntesten Filmemacher der Gegenwart machten, standen leidende Frauenfiguren: „Breaking the Waves“ (1996) zeichnete den Leidensweg der einfachen, tiefreligiösen Bess nach, die sich für ihren Mann aufopfert und daran zerbricht. Auch „Dancer in the Dark“, der beim Filmfestival Cannes 2000 mit der Goldenen Palme ausgezeichnet wurde, beschrieb die radikale Opferung der fortschreitend erblindenden Selma für ihren Sohn. Beide Frauenfiguren sind eine Art zierliche Märtyrerinnen, die von ihrer rauen bis feindseligen Umgebung ausgenutzt werden.

Zu Bess und Selma gesellt sich nun eine dritte „Leidensfrau“: Grace, die Hauptfigur in Lars von Triers neuem Spielfilm „Dogville“, der beim diesjährigen Filmfestival Cannes seine Uraufführung erlebte und nun im regulären deutschen Kinoprogramm startet. Wie Bess und Selma ist Grace verletzlich, was in „Dogville“ durch ihre „Alabasterhände“ angedeutet wird. Ein Element, das bereits in „Dancer in the Dark“ eine Rolle spielte, zeichnet von Trier in „Dogville“ noch viel deutlicher: die „guten Menschen“ von der typisch amerikanischen Kleinstadt, die überaus menschenfreundlich wirken ... solange ihre gesicherte Existenz nicht in Gefahr gerät.

„Dogville“ heißt der abgelegene Ort in den Rocky Mountains, in den sich etwa in den 1930er Jahren die schöne Grace (Nicole Kidman) vor Gangstern flüchtet. Die fünfzehn erwachsenen Einwohner des Städtchens nehmen sie nach einer von Möchtegern-Schriftsteller Tom Edison (Paul Bettany) einberufenen Versammlung auf. Als Gegenleistung erklärt sich Grace bereit, jedem Einzelnen in der Stadt bei der Arbeit zu helfen. Nachdem aber die Polizei in Dogville nach Grace fahndet, fürchten die braven Bürger um ihre Sicherheit – nun verlangen sie von Grace zunächst mehr Arbeit und dann immer mehr. Für Grace beginnt eine stufenweise Erniedrigung, die in sexuellen Übergriffen und einer Kette mit einer Glocke gipfelt, die um ihren Hals gelegt wird.

Im Gegensatz zu Bess und Selma verharrt Grace jedoch nicht in der Rolle des geduldigen Opfers. Die Inspiration zu Graces furchtbarer Rache entnahm Regisseur von Trier nach eigenem Bekunden dem Lied „Die Seeräuber-Jenny“ aus Bertolt Brechts „Die Dreigroschenoper“. Brechts Lied wird sogar in einem Augenblick der Ruhe vor dem Sturm denn auch wörtlich zitiert: „Es wird keiner mehr drin schlafen in dieser Nacht“.

von JOSÉ GARCÍA - mit freundlicher Genehmigung des Autors - Quelle: www.textezumfilm.de

Kritik

Für die Inszenierung seines neuen Filmwerkes lehnt sich Lars von Trier ebenfalls an Brechts Theater an: dessen Verfremdungseffekt dienen die auf dem grauen Boden mit Kreide markierten Umrisse der Häuser, Straßen und Büsche, die das Städtchen Dogville ausmachen; ein paar Möbelstücke vervollständigen das Bühnenbild, das auf einer großen Halle in Schweden errichtet wurde. Obwohl die Kamerabewegungen und deren Kadrierungen sowie die Schnitte auf der vermeintlichen Theaterbühne ein kinematografisches Werk entstehen lassen, erweckt „Dogville“ den Eindruck, gefilmtes Theater zu sein. Die spröden Bilder, die in dieser kargen Szenerie durch die unruhige Handkamera aufgenommen werden, unterbinden etwa sexuelle Konnotationen bei den Vergewaltigungsszenen.

Bei seiner Uraufführung in Cannes wurden „Dogville“ „anti-amerikanische Ressentiments“ vorgeworfen. Sicher geißelt der Film – noch stärker als „Dancer in the Dark“ – die Vereinigten Staaten, aber Lars von Trier erhebt hier einen universaleren Anspruch: „Es geht um die Vereinigten Staaten, aber es könnte auch jede andere Kleinstadt auf dieser Welt sein“, erklärt der Regisseur dazu. „Dogville“ ist eine Parabel, die moralische Fragen stellt. Deren Verständnis liegt im Schlussdialog über Vergebung und Rache zwischen Grace und dem Gangsterboss. Im Zusammenhang mit dem Diskurs über Barmherzigkeit führt Konvertit Lars von Trier das Argument der Rechtfertigung und die Frage nach der moralischen Verantwortung der eigenen Handlungen an. In diesem Licht wird die lange Diskussion um Arroganz verständlich: den Menschen, die Grace/Gnade missbraucht haben, die gerechte Strafe zu untersagen, sei nicht barmherzig, sondern arrogant. Die Bestrafung der Bewohner von Dogville nimmt wahrhaft eschatologische Züge an.

von JOSÉ GARCÍA - mit freundlicher Genehmigung des Autors - Quelle: www.textezumfilm.de