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Grundkurs des Glaubens - Eucharistie

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3. Abend zur Gnadenlehre: Die Eucharistie

I. Theologie
1. Quelle und Höhepunkt des christlichen Lebens
a. Quelle: Heilmittel (gerade dem Sünder zugedacht)
b. Höhepunkt: Lohn (setzt Abkehr von Sünde voraus)
c. Et - et (dem Sünder zugedacht, der sich von der Sünde lösen will)
2. Verhältnis zu den anderen Sakramenten
a. Taufe schenkt geistliches Leben - Eucharistie nährt es
b. Wie Taufe (einmalig) ist somit auch die Beichte (»Zweite Taufe«) Voraussetzung
c. Wie Christus im Brot (Eucharistie), ist Christus in der Ehe / Weihe
3. Opfer- oder Mahlfeier
a. Opfer: Christus opfert sich / Wir opfern die Gaben / Wir opfern Christus wie Maria
b. Mahl: Mahl der Sünder / Abendmahl / Hochzeitsmahl
c. Einteilung: Eröffnung - Wortgottesdienst - Opferung und Hochgebet - Mahlfeier

II. Liturgie
Beginn: »Die Gemeinde versammelt sich« - Altarkuss
Schuldbekenntnis - Kyrie - Gloria
Tagesgebet (Präsidialgebete)
Lesung - Antwortgesang
Evangelium - Predigt - Credo
Das Gebet des Volkes
Gabenbereitung (Kollekte) - Bereitung des Volkes (Weihrauch)
Hochgebet (Präfation - Sanctus - Kanon - Vaterunser)
Friedensgruß - Agnus Dei - »Seht das Lamm Gottes«
Kommunion (Austeilung und Danksagung ð Eucharistie)
Segen und Entlass

III. Transsubstantiation
1. Die Trans-Substantiations-Lehre (Substantiations-Lehre)
2. Reformatorische Lehre - Konsubstantiation - Transfinalisation - Transsignifikation
3. Ziel der Messe: Teilhabe und Wandlung

I. Theologie
1. Quelle und Höhepunkt des christlichen Lebens

Am letzten Abend haben wir schon von der Spannung gehört, die allen Sakramenten innewohnt - ja, letztlich sogar unserem ganzen Glauben: Die Begegnung mit dem Heiligen setzt eigentlich die eigene Heiligkeit voraus; aber diese wird uns doch erst durch die Begegnung mit Gott selbst geschenkt. Diese Spannung gilt noch in einem gesteigertem Maße für das Sakrament der Eucharistie.

a. Quelle: Heilmittel (gerade dem Sünder zugedacht). — Wenn das Zweite Vatikanische Konzil von der Eucharistie als »Quelle und Höhepunkt des ganzen christlichen Lebens« (Lumen Gentium, Dogmatische Konstitution über die Kirche, Kapitel 11), dann nicht zuerst, um die Spannung zwischen Quelle und Ziel zu thematisieren, sondern um die herausragende Bedeutung der Messfeier für das gesamte Glaubensleben zu betonen. Die leibliche Begegnung mit Christus in der Kommunion ist Vorwegnahme der höchsten Erfüllung christlichen Lebens - nämlich das Eins-werden mit Gott in Christus -, sondern auch Ausgangspunkt (Quelle) aller Frömmigkeit und Heiligkeit.

Mit Quelle ist damit zum einen der historische Ursprung unserer Möglichkeit gemeint, mit Gott eins zu werden. Denn nur, weil Jesus unsere menschliche Natur (also menschlichen Leib und Seele) angenommen und mit seiner Gottheit vereint hat, besteht überhaupt die grundsätzliche Möglichkeit für uns, darin eingeschlossen zu sein. Und nur, weil Jesus die Konsequenzen unserer Gottferne am Kreuz auf sich nahm und dennoch an der Einheit von leib-seelischer Menschheit und Gottheit festhielt und diese nicht wieder aufgab, haben wir auch faktisch die Möglichkeit, in die Liebesgemeinschaft der Dreifaltigkeit zu gelangen. Die Feier der Eucharistie und die Kommunion sind die Art und Weise, wie wir die von Jesus geschenkte Erlösung annehmen.

Unter diesem Blickwinkel ist die Eucharistie ein Mahl für die Sünder, in dem sie geheiligt werden.

In einer aktuellen Auslegung dieser Position zum Beispiel in der Frage der wiederverheiratet Geschiedenen führt dieser Blickwinkel zu der Forderung, alle Sünder zur Kommunion zuzulassen, weil die Abkehr von der Sünde ja erst Frucht der Gnade ist, die in der Messe geschenkt wird.

b. Höhepunkt: Lohn (setzt Abkehr von Sünde voraus). — Auf der anderen Seite ist das Feiern die Messe (in der wir, wie Maria unter dem Kreuz, das Tun Christi innerlich mitvollziehen) und der Empfang der Kommunion (in der wir uns tatsächlich mit dem verherrlichten Herrn vereinigen) die Vorwegnahme des ewigen Lohnes - ein Vorgeschmack auf das, was uns im Himmel erwartet. Es gibt nur eine einzige Zulassungsbedingung: Wir müssen (wie Maria dem Engel Gabriel gegenüber) Ja sagen, wir müssen es selbst wollen. Und genau da hapert es, weshalb wir uns ein Leben lang bereiten (bzw. bereiten lassen) - jede Vorbereitung auf die Heilige Messe und Kommunion ist ein Teil der ganzen Lebensvorbereitung auf das Eins-werden mit Gott nach dem Tod.

Unter diesem Blickwinkel ist die Eucharistiefeier ein Ziel, auf das wir uns noch hinbewegen. Eine Teilnahme an der Eucharistie setzt zumindest eine grundsätzliche Abkehr von der Sünde voraus.

Wiederum auf aktuelle kirchliche Diskussion angewandt lässt diese Sichtweise nur den Schluss zu, dass wir zuerst mithilfe unserer Taufgnade unser Leben in Ordnung bringen sollten, bevor wir zur Kommunion schreiten. Das mag dann genauso für wiederverheiratet Geschiedene wie auch für alle anderen großen und kleinen Sünden gelten.

c. Et - et: dem Sünder zugedacht, der sich von der Sünde lösen will. — Von diesen beiden, einander eigentlich widerstrebenden Aspekten, hält die Kirche (getreu ihres theologischen Grundsatzes »et-et«) an beiden zugleich fest und empfiehlt diese doppelte Haltung all ihren Mitgliedern. Beide Gedanken sollen sich gegenseitig bestärken: Gerade, weil wir wissen, das wir aus eigener Kraft eine ausreichende Selbstheiligung nicht erlangen, sollte unsere Demut und Freude gegenüber dem uns entgegenkommenden Herrn um so größer sein. Weil wir aber wissen, dass der Herr uns entgegenkommt, um uns zu heilen und zu heiligen, dürfen wir nicht versäumen, uns größtmöglich zu bereiten und uns zumindest innerlich und äußerlich von allen Sünden abzuwenden.

Letztlich kommt es nicht auf die tatsächliche Sündenfreiheit, sondern auf den Willen zur Heiligkeit des Christen an. Deshalb ist in der Pastoral diese Spannung nicht leicht in Handlungsanweisungen umzusetzen (wer schaut schon einem anderen Menschen in sein Herz?). In unserem persönlichen Leben wissen wir aber selbst sehr wohl, ob in uns der Wille zur Abkehr von den Sünden vorhanden ist. Natürlich ist dieser Wille zur Heiligkeit schwach und vermutlich gleichzeitig mit einem Willen zum Festhalten an den vermeintlichen Freuden der Gottlosigkeit vorhanden. Aber: Wenn dieser Glaube »auch nur so klein ist wie ein Senfkorn« (Mt 17, 20), so reicht er doch aus. Dieser noch so kleine Glaube, diese noch so versteckte Sehnsucht wird durch den geheiligt und gestärkt, der sich uns in der Kommunion schenkt: Gott.

Somit muss keiner von der Kommunion ausgeschlossen bleiben, wenn er die alte Praxis der Kirche beherzigt, möglichst vor jedem Kommunionempfang zu beichten. Zumindest, wenn er sich einer schweren Sünde bewusst ist.

In unserem konkreten Beispiel kann also jeder Sünder zur Kommunion zugelassen werden - auch die wiederverheiratet Geschiedenen - wenn sie bereit sind, ihre momentane Situation als sündhaft zu bekennen und zu beichten. Das setzt zumindest eine echte Reue voraus; eine Reue, die aber nicht bereit ist, an der Lebenssituation etwas zu ändern, ist offensichtlich keine echte Reue. (Dazu hat sich Papst Johannes Paul II. in der Enzyklika familiaris consortio ausführlich Gedanken gemacht.)
2. Verhältnis zu den anderen Sakramenten

(1) Wie die Seele des Menschen mit dem Leib verbunden ist ...: Die Frage, was der Mensch ist, wurde nicht nur von Theologie und Philosophie diskutiert, sondern spielt immer noch eine entscheidende Rolle z.B. in der Hirnforschung, der Psychologie, der Neurophysiologie, der Verhaltensforschung und allen anderen Zweigen der Humanbiologie. Die katholische Kirche hat sich in der Beschreibung des Menschen für einen Dualismus entschieden: Der Mensch besteht aus einer geistigen, immateriellen Seele und hat einen Leib. Die Seele formt diesen Leib, so dass der Mensch von meinem Körper sprechen kann. Der Körper ist Ausdrucksmedium und Adresse der Seele: Am Körper zeigen sich die seelischen Regungen, und was dem Körper zugefügt wird (sei es durch die Sinnesorgane oder durch Einwirkungen auf den Körper direkt), trifft auch die Seele. Träger der Individualität ist jedoch die Seele. Die unbelebte Materie (alles, was wir für den Stoffwechsel brauchen) wird von der Seele informiert, d.h. in den Körper eingebaut, gestaltet und angeeignet. Im gewissen Sinne kann man sagen, dass die Materie der Seele geformt wird.

(2) ...so ist in Jesus Christus Gott mit dem Menschen verbunden...: Auch Gott tritt in Verbindung mit der geschaffenen Welt. Zunächst ordnet Gottes Geist die gesamte Schöpfung, so dass darin im Laufe der Jahrmillionen immer mehr die göttliche Ordnung zum Ausdruck kommt. Aber dann kommt der Clou: In Jesus Christus bindet Gott sich an eine menschliche Natur, einen Menschen - und zwar so definitiv, wie sich im Menschen die Seele an den Leib gebunden hat. (»Wie die Seele sich zum Leib verhält, so verhält sich die Gottheit Jesu zu seiner menschlichen Natur.«) Deshalb sprechen wir Christen gerne vom »Leib Christi«, wenn wir die menschliche Seite Jesu meinen, obwohl wir wissen, dass Jesus nicht nur einen menschlichen Leib hatte, sondern auch eine menschliche Seele.

Wenn es zum Beispiel im Angelus-Gebet heißt »und das Wort ist Fleisch geworden« (Joh 1), so ist damit nicht gemeint, dass Gott sich an einen unbeseelten Leib gebunden hat. Nein, Jesus hatte sehr wohl einen menschlichen Leib und eine menschliche Seele. Wir reden deshalb vom Leib Christi, weil die menschliche Natur Jesu (seine Leib-seelische Natur) sich zu Gott verhält wie der Leib des Menschen zu dessen Seele.

(3) ...und so sollen auch wir mit Gott verbunden sein ...: In der Taufe werden wir Christus gleich: Gott überformt unser Sein - so ähnlich, wie in Jesus Christus Gottheit und Menschennatur eine Einheit eingegangen sind. Der wesentliche Unterschied ist, dass wir von Gott gefragt werden - und uns die Antwort leider schwer fällt. Aber wenn wir Ja sagen zu dieser Umgestaltung, dann werden wir auch Leib Christi.

So, wie die Seele den Leib gestaltet und durchformt, will auch Gott uns gestalten und durchformen. So, wie der Leib die Außenseite der Seele ist, sollen wir die Außenseite Gottes werden. Deshalb lassen wir uns, nach der Taufe, gerne auch als Leib Christi bezeichnen, auch wenn wir selbstverständlich immer noch eine Seele haben.

(4) ... und das geschieht durch den Empfang des Leibes Christi.

a. Taufe schenkt geistliches Leben - Eucharistie nährt es. — Durch die Taufe werden wir in die Kirche, den Leib Christi auf Erden, eingegliedert und so ebenfalls Kirche, das heißt Leib Christi. Aber wenn wir die Taufe mit der Beseelung des Embryos im biologischen Leben eines Menschen vergleichen, dann entwickelt und gedeiht der kleine Mensch erst durch die regelmäßige Aufnahme von Nahrung, indem die menschliche Seele diese in ihren Körper einbaut. Das gleiche geschieht auch mit uns, die wir Leib Christi sein wollen. Auch wir werden nach der Taufe - der zweiten »Beseelung« - genährt. Und gedeihen hoffentlich durch regelmäßige Nahrungsaufnahme und deren Umgestaltung. Nur, dass wir diesmal »eingebaut« werden (der Apostel Paulus spricht etwas würdevoller von »eingliedern«). Das geschieht in der Eucharistie, in der zunächst durch die Worte des Priesters Jesus Christus in den Gestalten von Brot und Wein gegenwärtig wird. Indem wir uns mit Christus vereinigen (essen ist dabei viel zu wenig gesagt, deshalb sprechen die Katholiken ja auch von kommunizieren - »teilhaben«!), sagen wir Ja zu der Überformung durch Gott, lassen es zu und freuen uns daran.

Weil es so schön ist, will ich es noch einmal sagen: Jesus stirbt am Kreuz und zahlt dadurch den Preis, den wir eigentlich entrichten müssten: Wir werden von der Verpflichtung (Schuld), unsere Sünden wiedergutzumachen, erlöst. Durch die Taufe wird nun das neue Leben, das Christus am Kreuz erworben hat, vom Taufbewerber angenommen. Während das Kreuzesopfer Jesu ein Angebot der Erlösung an jeden einzelnen Menschen ist, werden wir wirklich erst wie Christus - wir sterben mit ihm und gewinnen ein neues Leben - durch die Taufe. Somit ist die Taufe das einzige, wirklich heiligmachende Sakrament. Was Jesus am Kreuz getan hat, nehmen wir an, indem wir uns taufen lassen.

Aber dieses neue Leben (manche sagen: Gnadenleben) braucht, wie auch unser irdisches Leben, Nahrung. Das in der Taufe geschenkte Leben wird erhalten durch die Eucharistie - dort werden wir immer wieder durch den Empfang des Leibes Christi selbst zu Leib Christi. Das ist nichts anderes als Sündenvergebung und damit Kern und Zentrum unseres Glaubens.

Dieses neugewonnene Leben der Taufe ist also gefährdet: Auf der einen Seite durch Mangelernährung (also durch seltenen oder gedankenlosen Empfang der Eucharistie), auf der anderen Seite, aber auch durch bewusste Abkehr von Gott und Rückkehr zu einem gottlosen Leben - so, als wenn es die Taufe nicht gegeben hätte.

b. Wie Taufe ist somit auch die Beichte Voraussetzung für die Eucharistie. — Die liebevolle Beziehung, die Gott in der Taufe zu uns geknüpft hat, wird verletzt oder aufgegeben. Dabei ist es nicht Gott, der einen Rückzieher macht - sondern der Mensch. Er verkrümmt sich wieder in sich selbst. Um sich wieder ganz auf Gott einzulassen, bedarf er der erneuten Hilfe Gottes - und Gott ist so großzügig, uns diese Hilfe in der Form eines Sakramentes zu gewähren: Die Beichte. Die Beichte ist somit im eigentlichen Sinne eine Tauferneuerung; oder, wie Papst Benedikt es formulierte, wie eine Zweite Taufe.

c. Wie Christus im Brot (Eucharistie), ist Christus in der Ehe / Weihe. — Wenn wir in Bezug auf Gott wie ein Leib in Bezug auf die Seele sind, dann sind wir also auch Ausdruck und sichtbare Seite der unsichtbaren Liebe Gottes. Das wird besonders deutlich in den beiden Standessakramenten: Dem Ehesakrament und dem Weihesakrament. Wie der Priester (der geweihte Priester und auch der Getaufte in seinem allgemeinen Priestertum) für die Kirche sind auch die Eheleute füreinander sichtbare Erfahrung Gottes. So können wir das, was wir über das Priesteramt gesagt haben, auch für die Eheleute formulieren: »Der Ehepartner (der Priester) leiht Gott seine Stimme und seinen Leib. In allem, was er tut, soll er transparent sein für Gott, der durch ihn wirkt. In dem, was der Ehepartner (der Priester) tut, wenn er seine Berufung erfüllt, wirkt Gott. Nicht, weil der Ehepartner (...) das so will oder so gut kann, sondern weil Gott das so will und ihn durch das Ehesakrament in seinen Dienst genommen hat. Gleichzeitig nimmt der Ehepartner den Auftrag seines Partners wahr und betet für ihn, verbindet ihn immer wieder mit Gott und schlägt Brücken zwischen ihm, dem Sünder, der um Verzeihung bitten, und ihm, dem Heiligen.«

So, wie der Priester zu seinem Dienst nicht nur durch den Empfang der Priesterweihe beauftragt, sondern durch die tägliche Feier der Eucharistie im Stande ist, so sind auch die Eheleute zu diesem Dienst nicht nur durch die Spendung des Ehesakramentes, sondern auch erst durch den regelmäßigen Empfang der Kommunion im Stande.

3. Opfer- oder Mahlfeier

a. Opfer: (1) Christus opfert sich. — Selbstverständlich leugnet kaum einer der heutigen katholischen Theologen das Opfer Jesu Christi am Kreuz. »Jesus ist für uns am Kreuz gestorben - zu unserem Heil und als Opfer für unsere Sünden.« Diese und ähnlich formulierte Aussagen durchziehen die Schriften des Neuen Testamentes wie Silberfäden. Eine Leugnung dieser Theologie käme der Ablehnung der Bibel gleich. Bei der Frage nach dem Opfercharakter der Heiligen Messe geht es eher um die Frage, ob wir nur diesem einmaligen Opfer Christi am Kreuz auf Golgota - vor nicht ganz 2000 Jahren - gedenken? Oder wird es wiederholt? Oder gar durch ein eigenes Opfer der Gemeinde ergänzt? Oder opfert der Priester?

Selbstverständlich lehnt die katholische Kirche den Irrglauben radikal ab, wir würden das Opfer Christi wiederholen. Der entscheidende Begriff ist: »Vergegenwärtigung«. Das Opfer Christi war ja auch schon am ersten Gründonnerstag im Abendmahlssaal gegenwärtig, ohne dass Jesus am nächsten Tag sein Opfer am Kreuz wiederholt hätte (oder - umgekehrt - das Geschehen am Donnerstagabend ein anderes Opfer war als das am Kreuz). Wenn es sich bei der Messfeier also um eine Vergegenwärtigung des Opfers Christi handelt, dann ist damit der Sachverhalt allerdings noch nicht transparenter geworden: Was genau soll die »Vergegenwärtigung«? Nun, das Geschehen der Erlösung selber ist ja nur der eine Teil, den Gott uns anbietet. Erst, wenn wir dieses Angebot annehmen, vollzieht sich Erlösung an uns - erst dann wird Erlösung fruchtbar. Für uns Katholiken ist die Annahme der Erlösung ein lebenslanges Geschehen, das sowohl in Gebeten als auch in der persönlichen Heiligung geschieht - grundgelegt im Sakrament der Taufe, genährt durch die Eucharistie.

Das Geschehen der Messfeier besteht also in der Gegenwärtigsetzung der Erlösung (Jesus reicht uns sozusagen vom Kreuz herab die Hand) und in unserem Annehmen dieses Geschenkes. Dieses Annehmen muss allerdings immer wieder erneuert werden - nicht aufgrund einer eventuellen Mangelhaftigkeit des Opfers Christi, sondern aufgrund unserer menschlichen Natur, die sich immer erneuern bzw. wachsen muss, um zu leben - und die so brüchig ist, dass sie immer in der Gefahr steht, das einmal für sich angenommene Gnadengeschenk wieder zu verlieren.

Wenn also neben dem göttlichen Geschehen der »unblutigen Vergegenwärtigung des Kreuzesopfers« (so die Lehre der Kirche) auch der gläubige Katholik innerlich tätig ist, dann vor allem im Danken für dieses Opfer (»Eucharistie« = Danksagung), dem staunenden Beiwohnen, dem innerlich Ergriffen werden (und sich Ergreifen lassen) und dem sich verbinden mit Christus in seinem Opfer (da wir ja in der Taufe mit Christus eins geworden sind) und dem Eins-werden mit dem Auferstandenen in der Kommunion.

(2) Wir opfern die Gaben: Aber es gibt noch ein dreifaches weiteres Opfern, dass vielleicht auch mancher katholischer Priester aus den Augen verloren hat. Es gab nämlich eine Zeit, in der das Opfer Christi in der Volksfrömmigkeit an Bedeutung verloren hatte und das menschliche Opfern (von dem ich gleich reden werde) in den Vordergrund trat. Seit dem II. Vatikanischen Konzil hat die Rückbesinnung auf das eigentliche Opfer Christi den Eindruck erweckt, als wenn ein Festhalten an der menschlichen Opferkomponente vorkonziliar, rückwärtsgewandt und mittlerweile häretisch sei.

Das erste menschliche Opfern ist das Darbringen der Gaben, früher auch »Opferung« genannt, heute »Gabenbereitung«. Es ist natürlich nur ein sehr minderwertiges Opfer, indem wir Gott Wein und Oblaten zur Verfügung stellen. Verglichen mit den opulenten Tieropfern des AT kein Opfer, auf das wir uns etwas einbilden könnten. Aber dennoch ist es ein Opfer, das zunächst die Gemeinde und dann der Priester in Gottes Hände legt. Wir bitten dann, dass Gott uns diese Gaben »verwandelt und zurückschenkt«. Gleichzeitig erkennen wir darin eine gesamtmenschliche Wirklichkeit: Wir geben uns, unsere ganzen Taten, Gedanken und Worte als Opfer in das Opfer Christi mit hinein; alles das ist nicht viel mehr wert im Verhältnis zum Opfer Christi als die Oblaten und der Wein es sind. Aber immerhin: Es ist das Opfer, das Gott annimmt und mit dem Opfer seines Sohnes eins werden lässt.

(3) Wir opfern wie Maria: Aber auch im Anschluss an die Vergegenwärtigung des Opfers Christi gibt es ein zweites menschliches Opfern, das Du vielleicht verstehen kannst, wenn wir ein Blick auf Maria werfen. Der Mutter Jesu wurde der Überlieferung nach nach der Kreuzigung der Leichnam Jesu in den Schoss gelegt. In diesem Augenblick war sie vor die Wahl gestellt, zum Opfer ihres Sohnes auch ein innerliches »Ja« zu sprechen. Sie hat den geopferten Herrn noch einmal selbst wieder »geopfert«: Indem sie nach dem »fiat« bei der Menschwerdung Jesu nun auch ein »fiat« zur Erlösung gesprochen hat, hat sie ihren Sohn in einem sicherlich schmerzhaften Akt dem Vater dargebracht.

Dabei geht es nicht um Mariologie, auch nicht in erster Linie um das »Opfern der gewandelten Gaben« - sondern um ein innerliches Zustimmen zum Opfer Christi, d.h. um ein schmerzhaftes Nachempfinden und Nachvollziehen dessen, was Jesus für uns getan hat. Auch das ist nur ein sekundäres Tun und fügt dem Opfer Christi nichts hinzu. Aber darin findet sich nichts anderes als die »Annahme des Opfers Christi« und die »Annahme der Erlösung«. Das Opfer Christi annehmen, dem Opfer zustimmen, ist ebenfalls ein Opfer.

b. Ist die Messe ein Mahl? — Die Kommunion ist sicherlich ein Mahl - das kommt zwar beim Kommunionempfang durch die modernere Form des »Schlange-Stehen« oft weniger zum Ausdruck als anderswo durch das gemeinsame Hintreten an die Kommunionbank. Der »Tisch des Mahles« ist dabei die Kommunionbank, an der sich die Gemeinde zum Mahl zusammenfindet und gemeinsam kommuniziert (früher war es üblich, die Kommunionbank zum Kommunionempfang mit weißen Tüchern zu decken).

Aber die ganze Messe deshalb als »Mahl« zu bezeichnen, ist schon etwas schwieriger; vor allem dann, wenn dadurch der Opfercharakter verdrängt wird. Der Kommunionempfang ist ja nicht das eigentliche Geschehen der Messe, sondern eher dessen Frucht. Das, was in der Messe geschieht, ist ein Tun Gottes - und nicht das menschliche »miteinander essen«. Eine Überbetonung des Mahlcharakters läuft heute wieder Gefahr, das menschliche Tun in den Vordergrund zu rücken - was ja auch der Zeit vor dem Konzil vorgeworfen wird.

In einem anderen, tieferen Sinne ist natürlich die ganze Messe eine Mahlfeier: So, wie das Korn gemahlen werden muss, damit es zum Brot werden kann, so lassen wir uns im Gottesdienst »mahlen« - und feiern das! Denn, so werden wir vom geschlossenen Korn in eine neue offenere Form gebracht: die Form des Brotes.

»Aus vielen Körnern ist ein Brot geworden: So führ auch uns, o Herr, aus allen Orten zu einer Kirche durch dein Wort zusammen in Jesu Namen.« (Gotteslob) - »Weizenkörner, Trauben, hört von unserm Glauben. Wer nicht aufgerieben wird, wer sich das erspart, der bleibt hart, bleibt hart. Weizenkörner, Trauben, hört von unserm Glauben: Wer nicht in die Mühle fällt und leidet keine Not, wird kein Brot, wird kein Brot.« (Neues Geistliches Lied, Peter Janssens)

In unserer Kirche hat sich seit jeher die Vermeidung von Vereinseitigungen bewährt: Das »et-et«, das »sowohl - als auch« sollten wir immer gut im Auge behalten; auch dann, wenn es um die Frage nach Opfer bzw. Mahl, göttlichem Tun bzw. menschlichem Mitwirken oder besonderem Priestertum bzw. allgemeines Priestertum geht.

Das Passah-Mahl: Dabei sollten wir deutlich unterscheiden zwischen dem gemütlichen Essen in froher Runde - und dem Passah-Mahl. Vor dem Auszug auf Ägypten sollten die Hebräer ein Mahl halten, um nicht auch vom Todesengel vernichtet zu werden. »So aber sollt ihr es essen: eure Hüften gegürtet, Schuhe an den Füßen, den Stab in der Hand. Esst es hastig! Es ist die Paschafeier für den Herrn. « (Ex 12, 11) Das ist weiß Gott kein gemütliches Mahl, keine Feier der Gemeinschaft untereinander. Stehend, mit dem Blick zur Tür, hastig: Das ist nur schwerlich noch ein richtiges Mahl. Auf diesem Passah-Ereignis und der daraus resultierenden Mahlfeier ist jedoch unsere Eucharistiefeier entstanden. Es ist nur schwerlich ein Mahl - eher ein Ritus der Rettung und Schonung.

Das himmlische Hochzeitsmahl: Die Messe, die sich aus dem Passah-Mahl entwickelt hat, ist aber auch zugleich Vor-Verwirklichung eines Mahles, das erst noch stattfinden wird: Das himmlische Hochzeitsmahl. Jesus hat in vielen Gleichnissen und Vergleichen unsere Existenz im Jenseits mit einem Hochzeitsmahl verglichen: Er ist der Bräutigam, wir sind die Braut. Noch ist es zwar nicht so weit, aber dennoch soll die Eucharistiefeier auch darauf hindeuten: Gott errettet uns nicht nur vor dem Tod (im Passah), sondern erhebt uns zu seiner Braut, die er heimführt.

c. Einteilung: Eröffnung - Wortgottesdienst - Opferung und Hochgebet - Mahlfeier. — Deshalb ist es sinnvoll, nicht nur von zwei Teilen der Messe zu sprechen - dem Wortgottesdienst und der Eucharistiefeier. Denn die Eucharistiefeier setzt sich, ebenso wie der Wortgottesdienst, aus zwei Teilen zusammen: Der Opferung mit dem Hochgebet und der Kommunion.

Der Ort der Opferung ist der Altar; dort werden auch die Gaben durch die Worte des Priesters gewandelt. Der Ort der Kommunion ist die Kommunionbank, dort werden auch die Gläubigen durch den Empfang der Kommunion gewandelt. Wenn das Geschehen mit dem häuslichen Mittagessen verglichen werden sollte, so ist der Altar der Ort der Bereitung - wie zuhause der Herd, auf dem das Essen bereitet wird. Am Herd wird aber nicht gegessen; der Ort des Essens ist das Esszimmer, am dortigen Tisch. So ist der Altar auch nicht der Tisch des Mahles, sondern der Opferstein der Bereitung und Wandlung.

Fazit

Durch Akzentverschiebungen im Glauben der Menschen wurde auch die Eucharistiefeier in ihren Akzenten neu gewichtet: Die Balance zwischen Mahlfeier und Opferfeier ist heute weitgehend verloren gegangen. Ein möglichst unbelasteter Blick auf die beiden Pole der Liturgie offenbart aber, dass nur eine Versöhnung von Opfer- und Mahlcharakter der Eucharistiefeier den ganzen Reichtum dieses Sakramentes erkennen lässt.

II. Liturgie

Dieser Grundkurs antwortet nicht auf alle Fragen - sondern bevorzugt auf die, deren Antworten in Vergessenheit geraten sind. So möchte ich an dieser Stelle nicht die gesamte Liturgie durchgehen und erklären - das wäre ein eigenständiges, mehrbändiges Werk wert. Mir seien einfach ein paar (subjektiv wichtige) Anmerkungen erlaubt:

Beginn: »Die Gemeinde versammelt sich« - Altarkuss: Während in der alten Liturgie die Messe mit dem Altarkuss des Priesters begann, heißt es jetzt im Messbuch: »Die Gemeinde versammelt sich.« - In Tauf- und Traugottesdiensten wird das Hineingehen in die Kirche zum Bestandteil des Gottesdienstes. Es wäre schön, wenn eine Kultur des Versammelns entstehen würde. Gott ruft uns, und wir dürfen kommen!

Schuldbekenntnis - Kyrie - Gloria: Wir bereiten uns auf die Ankunft des Herrn vor - und folgen dabei dem alten Ritual der frühen Kaiser (vor allem der byzantinischen). Der Kaiserbesuch begann mit der Ankunft des Kaisers vor der Stadt, vor der er sich ein paar Tage außerhalb aufhielt, um der Bevölkerung eine Zeit der Vorbereitung zu gewähren (das geschieht in der Messe im Schuldbekenntnis und der Vergebungsbitte). - Dann, beim Einzug des Kaisers, rief der Marschall die Großtaten des Herrn aus, auf die Bevölkerung mit Kyrie eleison-Rufen antwortet. Das Kyrie ist also ein erinnernder Lobpreis, kein erweitertes Schuldbekenntnis. - Nach dem Einzug des Kaisers stimmt das Volk einen festlichen Lobgesang an (Gloria).

Tagesgebet (Präsidialgebete): Dem Tagesgebet, das wie auch das Gabengebet und das Schlussgebet zu den Präsidialgebeten gehört und vom Hauptzelebranten zu sprechen ist, sollte nach der Gebetsaufforderung »Lasset uns beten« eine Zeit der Stille vorangehen, in der dann alle Gläubigen (in Stille) ihre persönlichen Anliegen vor Gott bringen können. Erst danach fasst der Priester mit dem laut vorgetragenen Tagesgebet die Bitten der ganzen Kirche zusammen (deshalb heißt dieser Teil auch Collectio (Zusammenfassung).

Lesung - Antwortgesang: Auf die Lesung folgt der Antwortgesang, der oft weggelassen wird. Schade eigentlich, denn das ist in vielen Gemeinden die einzige Gelegenheit, die Psalmen (aus denen der Antwortgesang zumeist besteht) kennenzulernen.

Evangelium - Predigt - Credo: Oft wird bemängelt, das nur der Priester (oder Diakon) Evangelium und Predigt halten darf, obwohl vielleicht besser begabte Laien dazu bereit wären. Dem sei geantwortet, dass es nicht nur um die Verkündigung des Evangeliums geht, sondern um das Geschehen als Ganzes: Auch die Gemeinde, die sich hier unter das Wort Gottes beugt und im Priester dem lehrenden Christus lauscht, vollzieht ein wichtiges Element. Sie übt sich in das Hören auf Christus ein, nimmt also eine bestimmte Haltung ein - und wird nicht nur informiert oder bespaßt.

Das Credo ist - was manchem noch gar nicht aufgefallen ist - ein Gebet. Und zwar ein Gebet ohne Bitten, Anliegen und auch ohne Lob. Wem das seltsam erscheint - bei näherer Betrachtung - sei auf das Gespräch zwischen Verliebten verwiesen: Eines der schönsten Gespräche zwischen Liebenden ist, sich gegenseitig zu erzählen, was der Geliebte für mich ist, bedeutet und getan hat.

Das Gebet des Volkes: Nach dem Credo kommt etwas, das bei uns Fürbitten heißt, früher aber den Titel Gebet des Volkes hatte. Schade, dass das Volk sich nicht mehr selbst zu Wort meldet, sondern die einzige Gelegenheit, ohne liturgische Vorschriften Beteiligung zu üben, nicht genutzt wird.

Gabenbereitung - Bereitung des Volkes: Mit dem Gebet des Volkes beginnt in der Gabenbereitung ein dreifaches Geben: In den Bitten geben wir unsere Sorgen und Anliegen ab; die Messdiener bringen anstelle der Gemeinde die Gaben zum Altar; die Gemeinde gibt einen Obulus für die Aufgaben der Kirche in der Kollekte. Alle drei - auch die Kollekte - haben mehr als eine nur praktische Bedeutung: Wir üben uns in die Haltung der Gebenden, bevor wir in der Kommunion zu Empfangenden werden.

Hochgebet (Präfation - Sanctus - Kanon - Vaterunser): Nach der Gabenbereitung sinkt die aktive Beteiligung der Gemeinde scheinbar auf Null, nur noch der Priester ist (zumindest verbal) aktiv. Aber das täuscht - oder sollte doch täuschen. Denn die Pflicht, am Sonntag die Eucharistie zu feiern, erfüllen wir durch unsere inneres tätiges Anteilnehmen (participatio actuosa). Die Frucht der Messe hängt auch davon ab, ob wir uns mit geben und auch mit verwandeln lassen können.

Friedensgruß - Agnus Dei - »Seht das Lamm Gottes«: Beim Friedensgruß schließen wir nicht untereinander Frieden - das hätte schon längst auf dem Weg zur Messe erfolgen sollen. Auch entschuldigen wir uns nicht gegenseitig für unseren Unfrieden. Wir wünschen einander den Frieden Gottes. Das ist etwas anderes! - Im Lamm Gottes (Agnus Dei) und dem »Seht das Lamm Gottes« bereiten wir uns selbst auf die Begegnung mit dem vor, der uns hier schon einmal zur Anbetung gezeigt wird. Vorbereitung auf die Kommunion ist vor allem die Fähigkeit, sich bereiten zu lassen.

Kommunion (Austeilung und Danksagung & Eucharistie): Der Höhepunkt der Messe ist immer noch die Wandlung (auch wenn das gelegentlich anders akzentuiert wurde): Gott wird Mensch. Aber seine Menschwerdung hat ein Ziel: Deine Erlösung. Deshalb ist der Augenblick der Kommunion der persönliche Höhepunkt der Messe. Nachdem im Hochgebet die Gaben verwandelt wurden, wirst jetzt Du verwandelt. - Dafür lohnt es sich Danke zu sagen. Im Grunde setzt sich dieses Danke vor allem dann fort, wenn wir die Kirche wieder verlassen. Unser Leben soll ein Danke sein.

Segen und Entlass: Und schließlich werden die Gläubigen an die Welt ausgeteilt. Nach der Austeilung des Leibes Christi an die Gläubigen, damit sie Leib Christi werden, teilt Gott (ziemlich autoritär: »Geht! Ihr seid gesandt!« - »Ite, missa est!«) die zum Leib Christi gewandelten Christen an die Welt aus, damit diese von ihnen verwandelt wird. Dazu erhalten wir den Beistand Gottes in seinem Segen.

Fazit

Jede Zeit hat ihre Verschiebungen in der Liturgie, die durch Katechese zurechtgerückt werden müssen - auch für die Priester. Die hier gemachten kurzen Anmerkungen sollen vor allem die Verschiebungen nach der Liturgiereform der 1970-er Jahre kommentieren. Oft hilft ein Blick auf die Herkunft der Riten, um sie wieder zu verstehen und angemessen zu vollziehen.

III. Transsubstantiation
1. Die Trans-Substantiations-Lehre (Substantiations-Lehre)

Nur wenige theologische Fachbegriffe haben es bis in den (zumindest katholischen) Alltagsgebrauch geschafft; der Begriff Transsubstantiation gehört dazu - wenn vielleicht auch nur, weil es sich um einen Zungenbrecher handelt. Dieser Begriff, der soviel wie Wesensverwandlung bedeutet, stammt aus der Eucharistiedebatte des 9.-13. Jahrhunderts; Martin Luther schrieb 1520 die Urheberschaft des Begriffes Thomas von Aquin (1225-1274) zu. Das Konzil von Trient (1545-1563) bezeichnete diesen Begriff als treffend, um die Wandlung der eucharistischen Gaben zu bezeichnen: »Durch die Konsekration des Brotes und Weines geschieht eine Verwandlung der ganzen Substanz des Brotes in die Substanz des Leibes Christi, unseres Herrn, und der ganzen Substanz des Weines in die Substanz seines Blutes. Diese Wandlung wurde von der heiligen katholischen Kirche treffend und im eigentlichen Sinne Wesensverwandlung (Transsubstantiation) genannt.«

Diesem Begriff liegt eine lange, philosophische und theologische Tradition zugrunde, die bereits von Aristoteles grundgelegt wurde: Demnach ist die Substanz der Dinge selbst nicht wahrnehmbar, sondern nur durch die Äußerlichkeiten (Akzidentien), die zwar in der Substanz ihren Grund haben, aber nicht mit ihr identisch sind. Beispielsweise ist das Wesen eines Hundes nicht unmittelbar erkennbar; erkennen können wir dagegen sein Aussehen, seinen Körperbau, sein Verhalten und seine Erscheinung. Diese Äußerlichkeiten sind allemal austauschbar (es gibt sehr unterschiedliche Hunderassen), selbst bei ein und demselben Hund ändern sich die Akzidentien über die Zeit hinweg. Was den Hund zum Hund macht und über die Zeiten sich selbst gleich bleibt, ist das Wesen, nach Aristoteles seine Substanz.

Transsubstantiation meint nun, dass die Äußerlichkeiten von Brot und Wein zwar unverändert bleiben, dass aber die Substanz der eucharistischen Gaben in die Substanz Jesu Christi verwandelt wird. Sowohl die Wandlung als auch das Fortbestehen der Brot- und Wein-Akzidentien ist wunderbares Geschehen.

Daneben haben sich - wie wir gleich unter 2. erfahren - verschiedene andere Konzepte (mit ähnlicher Begrifflichkeit) historisch entwickelt, die jedoch von der katholischen Kirche zumeist als unzulänglich abgelehnt wurden. In jüngerer Zeit gibt es eine neue Diskussion, deren theologische Akzeptanz in der Kirche noch nicht absehbar ist. Und zwar spricht (u.a. R. Spaemann) davon, dass der Begriff Substanz im Grunde nur in Bezug auf Lebewesen einen Sinn hat - Lebewesen haben nämlich eine Identität durch die Zeit mit sich selbst und zudem ein mit Artgenossen Gemeinsames; dafür ist der Begriff Substanz angemessen. Nicht angemessen ist er jedoch bei unbelebten und gar hergestellten Gegenständen wie z.B. Stuhl, Schiff oder Brot. Dort müsste die Wandlung der Gaben in die Person Christi (mit Leib, Seele und Gottheit) also eher als Substantiation bezeichnet werden, weil dadurch Brot und Wein überhaupt erst eine Substanz erhalten.

2. Reformatorische Lehre / Konsubstantiation / Transfinalisation / Transsignifikation

Martin Luther hielt zeit seines Lebens zwar an der Realpräsenz Christi in Brot und Wein fest, hielt aber die Transsubstantiation eher für eine unverbindlich Lehrmeinung (eine opinio). Anscheinend lässt sich bei Luther nicht nachweisen, dass er jemals die Lehre der Konstubstantiation vertreten habe: Demnach bleibt Brot und Wein zwar unverwandelt, zu deren Substanz tritt jedoch (durch die Worte des Priesters, oder erst bei der Kommunion durch den Glauben des Empfangenden) die Substanz Jesu Christi hinzu. Zwingli und Calvin jedoch lehnten jede Wandlung und Realpräsenz ab und sahen im reformatorischen Abendmahl lediglich eine reine Gedenkfeier.

Die Lehre der Transfinalisation und Transsignifikation stammt aus den Reihen von katholischen Theologen, die vor und nach dem II. Vatikanischen Konzil nach einer neuen Lehre und Alternative zur Transsubstantiation suchten. Von Edward Schillebeeckx und Leonardo Boff (und anderen) wurde der Vorschlag gemacht, dass sich an den eucharistischen Gaben nur deren Bedeutung für den Empfänger ändert. Boff etablierte als Beispiel »Das Sakrament des Zigarettenstummels«, in dem ein Zigarettenstummel als letztes Vermächtnis des gestorbenen Vaters für den Sohn eine andere Bedeutung und - so Boff - auch eine andere Dimension und Wirklichkeit erhalten habe. - Papst Paul VI. hat diese Versuche zwar als gute Ergänzungen der klassischen Lehre bezeichnet, aber an dem Begriff der Transsubstantiation festgehalten (in der Enzyklika Mysterium fidei und dem Credo des Gottesvolkes).

3. Ziel der Messe: Teilhabe und Wandlung

Bei diesen theologischen Beschreibungsversuchen geht es darum, das Geheimnis der Wandlung mit der Vernunft in Einklang zu bringen - das Mysterium selbst soll dadurch nicht aufgehoben werden. So ist der Begriff Transsubstantiation nicht selbst dogmatisiert worden. Deshalb ist es wichtiger, den Grund, weshalb die Kirche trotz aller gedanklicher (und gesellschaftlicher) Schwierigkeiten an der Wesensverwandlung der Gaben festhält, nicht aus den Augen zu verlieren: Ziel der Erlösung (und damit aller Sakramente und besonders der Eucharistie) ist nicht eine heils-medizinische Wiederherstellung des Menschen, sondern - Gott. Wir sind zur Teilhabe am göttlichen Dreifaltigkeitsgeschehen berufen; dies können wir nur durch die Annahme der Beziehung erlangen, die Christus uns schenkt. Mit Ihm sollen und dürfen wir »ein Geist und eine Seele« werden (III. Hochgebet); ja, sogar »ein Leib und eine Seele«, indem wir Leib Christi werden, weil wir den Leib Christi empfangen (Augustinus).

Es geht also nicht abschließend um die Wandlung des eucharistischen Brotes, sondern um die Wandlung der Gläubigen. Sie werden verwandelt und sind dazu aufgerufen, diese Wandlung durch ihr Leben Wirklichkeit werden zu lassen. Das geschieht wiederum dadurch, dass sie - wie Christus - der unerlösten Welt sich selbst schenken und somit zur Wandlung der Welt beitragen. Wir werden wie Christus, indem wir wie Christus handeln - also erlösend wirken.

Fazit

Als einziges der sieben Sakramente wird in der Eucharistie zunächst eine Materie gewandelt - und erst durch den Empfang der gewandelten Materie der Empfänger des Sakramentes. Über die Frage, wie genau die Wandlung der Materie zu denken sei, darf nicht vergessen werden, dass ein Sakrament immer der Christusbegegnung dient - und somit der Heiligung des Empfängers.