Neue Site - empfehlenswert! Ein Ableger der Karl-Leisner-Jugend: aktueller, kürzer, frischer und moderner: www.gut-katholisch.de.
KARL-LEISNER-JUGEND |
Priester - das unbekannte Wesen
|
Der Priester wurde nicht in der christlichen Religion erfunden; Priester gibt es in Religionen aller Zeiten und aller Kulturen. Manchmal nennen sich die religiösen Amtsträger anders ("Geistliche", "Rabbi", "Schamane", "Medizinmann", "Imam"), aber in vielen Religionen heißen sie sich tatsächlich "Priester" (oder in anderen Sprachen: "priest", "prete", "sacerdote", "prêtre", "ieros" - usw.).
Die Aufgaben der Priester in den verschiedenen Religionen sind zwar unterschiedlich, aber wenn man die verschiedenen Ausformungen auf Gemeinsamkeiten hin untersucht, so kann man das, was den Priester ausmacht, als "doppelte Vermittlung" beschreiben: Der Priester ist beauftragt, (1) stellvertretend für das Volk vor Gott zu treten und Opfer, Gebete und Bitten darzubringen; (2) stellvertretend für Gott vor das Volk zu treten und dem Volk Heil und Gnade, aber auch Ermahnung und Belehrung zu geben.
Das ist natürlich sehr stark verallgemeinert. In einigen Religionen und Kulturen bestand die Aufgabe des Priesters darin, Gott und Menschen zu verbinden - in vielen anderen Kulturen dagegen sollten sie die Menschen vor launischen Göttern schützen oder hatten lediglich die Aufgabe, für schönes Wetter und eine gute Ernte zu sorgen. Priester dienten bisweilen einem Orakel, andere kurierten kranke Menschen, indem sie geheimes Wissen anwendeten um Dämonen zu binden, wieder andere hielten nur ein lokales Heiligtum "in Schuss". Aber was auch immer die Aufgabe der Priester im Einzelnen beinhaltete: Sie waren stets Mittler zwischen der göttlichen und der irdischen Welt.
Gerade für das jüdische Priesterbild - und damit auch für unser christliches Priesterverständnis - sind nun zwei miteinander verflochtene Grundbestimmungen prägend: Das Heil des Menschen liegt in der Gemeinschaft mit Gott - aber von dieser Gemeinschaft wissen sie sich durch die Sünde getrennt, die sie selbst nicht überwinden können.
Gott und Mensch finden nicht "automatisch" zueinander. Es bedarf einer Umkehr - eines versöhnenden Geschenkes, einer Wiedergutmachung. Versuche hat es gegeben: Opfertiere als Zeichen der Wiedergutmachung; Weihegeschenke, die nun ganz Gott gehören; Buße in Sack und Asche; Speiseopfer, Trankopfer ... Nur - wer sollte diese Opfer vor Gott bringen, wenn doch alle Menschen durch ihre sündige Distanz zu Gott dazu gar nicht in der Lage waren? Und welches Opfer wäre groß genug? Also wurden Menschen zu Priestern bestimmt, das zu tun, was das Volk sich selbst nicht traute: Vor den allmächtigen Gott zu treten. Natürlich mussten es besonders fromme Menschen sein, die im Rufe standen, einen besonderen Draht zu Gott zu haben oder die sich besonderer Reinigungsrituale unterzogen und deshalb - zumindest so einigermaßen - rein waren vor Gott.
Da nicht immer genügend Menschen mit einem besonders hochstehenden Lebenswandel und einem Draht zu Gott bereit waren, sich diesem Dienst zu stellen, gab es auch das "Amtspriestertum" oder die "Priesterkasten". Hierbei konnte im Grunde jeder geweiht werden - die Befähigung zum Dienst erhielten diese Kandidaten mit der Weihe oder qua Geburt.Priester traten stellvertretend für das Volk vor Gott, um Vergebung, Gnade und Huld zu erbitten und diese Bitten durch Opfer zu bekräftigen. Der Priester nahmen es dem Volk ab, sich selbst zu heiligen und sich im Lebenswandel Gott anzugleichen; wer Sünden begangen hatte, ging halt zum Priester und bat um ein Opfer (und bezahlte den Priester dafür).
So gab es im frühen Judentum die Opfer-Priester, deren bekannteste Vertreter auch heute noch einen Namen haben: Aaron, der Bruder des Mose, oder Melchisedek. Die Priester des Alten Bundes hatten ihren Dienst vor allem in den diversen Heiligtümern zu verrichten, bevor durch den Bau des Tempels Jerusalem zum Hauptort des priesterlichen Wirkens wurde.
Zahlreiche Bestimmungen in den jüdischen Gesetzestexten (vor allem im Buch Exodus) beschäftigen sich mit den Priestern, ihren Gewändern, Ritualen, Opfern und Gebeten. Mit der Zerstörung des Tempels in Jerusalem kam allerdings auch das Ende der Opfergottesdienste und der jüdischen Priester. Heute kennt das Judentum nur noch die Aufgabe des Rabbis und Rabbiner - der kein Opferpriester, sondern Schriftgelehrter ist.Die Aufrechterhaltung des Kultes war zwar eine machtvolle Aufgabe, dennoch hatten die Priester (und Leviten) keinen nennenswerten Einfluss auf die Geschichte des Volkes Israel - das war den Propheten und Königen vorbehalten. Während die Propheten im Namen Gottes das Volk, die Herrschenden und auch die Priester ermahnten und damit immer wieder für Aufruhr sorgten, weil sie auf eine Änderung bestehender Missstände pochten, sahen die Priester ihre Aufgabe eher in der Aufrechterhaltung des status quo.
Interessant ist die Priester- und Kultkritik der Propheten bis heute: Zum einen betonten sie immer wieder, dass Gott gar nicht damit zufrieden war, dass die Priester stellvertretend für das Volk taten, was jeder einzelne hätte tun sollen: Sich durch ein Leben nach den Geboten selbst zu heiligen.
Psalm 51, 18f: "Schlachtopfer willst du nicht, ich würde sie dir geben; an Brandopfern hast du kein Gefallen. Das Opfer, das Gott gefällt, ist ein zerknirschter Geist, ein zerbrochenes und zerschlagenes Herz wirst du, Gott, nicht verschmähen" (s. auch Dan 3,39)Die Kritik an den Priestern kam aber auch von den Menschen, die spürten, dass jedes Opfer, so groß es sein mag (selbst, wenn es die Tempelpriester opferten), für Gott doch viel zu wenig ist. Zwar haben sich die Priester, bevor sie zum Opferaltar schreiten durften, selbst durch zahlreiche Rituale gereinigt und würdig gemacht - ganz besonders galt dies vor dem Betreten des Bundeszeltes oder des Allerheiligsten im Jerusalemer Tempel - aber auch diese (vom Volk auserwählten) Priester waren und blieben sündige Menschen und hatten als solche vor Gott und vor den Menschen letztlich nur eine eingeschränkte Glaubwürdigkeit; weil sie ja immer noch anders lebten, als sie sollten.
Neben der Frage: "Herr, wer darf Gast sein in deinem Zelt, wer darf weilen auf deinem heiligen Berg?" (Psalm 15,1; Psalm 24,3) und der Frage, was denn ein für Gott angemessenes Opfer sei (Ein Stier? Eine Turteltaube? Oder ein zerschlagenes, reumütiges Herz? Oder ein mächtiger Lobgesang?), bewegte auch der angemessene Ort die Gemüter. Noch zu Lebzeiten Jesu stritten sich die Juden mit den Samaritern, ob ein Opfer außerhalb des Tempels vor Gott überhaupt Wohlgefallen findet (Joh 4,20).
Da erlöst Gott uns Menschen, indem er uns selber die Brücke baut. Jesus kommt in unsere Welt, Jesus, der Gott selbst ist. Er ist nun der Priester, der vor Gott treten darf und die Anliegen der Menschen vertritt, an ihrer Stelle betet und sich selbst als Weihegeschenk und Opfer anbietet. So steht es im Hebräerbrief:
„Christus aber ist gekommen als Hoherpriester der künftigen Güter; und durch das erhabenere und vollkommenere Zelt, das nicht von Menschenhand gemacht, das heißt nicht von dieser Welt ist, ist er ein für allemal in das Heiligtum hineingegangen, nicht mit dem Blut von Böcken und jungen Stieren, sondern mit seinem eigenen Blut, und so hat er eine ewige Erlösung bewirkt. Denn wenn schon das Blut von Böcken und Stieren und die Asche einer Kuh die Unreinen, die damit besprengt werden, so heiligt, dass sie leiblich rein werden, wieviel mehr wird das Blut Christi, der sich selbst kraft ewigen Geistes Gott als makelloses Opfer dargebracht hat, unser Gewissen von toten Werken reinigen, damit wir dem lebendigen Gott dienen. Und darum ist er der Mittler eines neuen Bundes; sein Tod hat die Erlösung von den im ersten Bund begangenen Übertretungen bewirkt, damit die Berufenen das verheißene ewige Erbe erhalten." (Hebr 9,11-15)Die Opfer des Alten Bundes waren Vorbereitung und Vor-Zeichen, allesamt ungenügend - aber doch gottgewollt, weil sie ein Voraus-Bild dessen waren, was Gott für den neuen Bund schon beschlossen hatte: Dass anstelle der vielen Opfer ein für allemal auf Golgatha Jesus das Opfer vollzieht, durch das wir erlöst und geheiligt werden. (Für alle, die mit dem Opfertod Jesu als Erlösungstat Schwierigkeiten haben, empfehle ich die Katechese zur Erlösung) Die Frage: "Wer opfert was an welchem Ort?" ist damit ein für allemal beantwortet: Christus ist der Priester, der Altar und die Opfergabe. Durch seine Tod haben wir das Leben.
Dieses alles entscheidende, die Welt verwandelnde Opfer am Kreuz geschah nur einmal. Allzu viele Personen waren allerdings nicht dabei; von den Jüngern und Aposteln waren die meisten geflohen. Von den Generationen danach - und den Völkern, die am anderen Ende der Welt leben - ganz zu schweigen. Jesus stirbt für alle Menschen, und keiner kriegt es mit?
Nun, unser Herr hat das vorausgesehen und deshalb schon am Abend vorher den Auftrag gegeben, dieses Opfer zu vergegenwärtigen: in der Eucharistie. Dazu braucht es bevollmächtigte Menschen: die Priester. Aber jetzt sind das nicht die von den Menschen ausgewählten (und vorgeschobenen) Stellvertreter des Volkes. Jetzt sind sie nichts anderes als die sichtbare Verkörperung des wirklichen, einzigen und wahren Hohenpriesters: Jesus.
Seltsamerweise hat sich (unter anderem) an dieser Sichtweise der konfessionelle Streit (der Reformation) entzündet; nach evangelisch-lutherischem Verständnis ist und bleibt Jesus Christus der allereinzigste Priester überhaupt.
Das ist der rheinische Superlativ: Der einzige Priester - der einzigste Priester - der allereinzigste Priester - der allereinzigste Priester überhaupt!Luther lehnte mit Verweis auf den Hohenpriester Jesus jeden weiteren geweihten Priester ab; er selbst predigte fortan nicht mehr im Messgewand, sondern nur noch im Talar - die damalige Professorenkleidung. Aus den Priesterseminaren wurden Predigerseminare; sogar bei wikipedia findet sich der (ziemlich tendenzielle) Eintrag, im ersten christlichen Jahrhundert habe es überhaupt keine Priester gegeben, da allein Christus der einzige Hohepriester (überhaupt!) gewesen sei.
Allerdings kennt Luther schon das priesterliche Amt - aber eben nur im allgemeinen, gemeinsamen Priestertum aller Gläubigen.Interessanterweise teilen die katholischen und orthodoxen Kirchen diese Sichtweise uneingeschränkt. Ebenso wenig, wie das Opfer Christi wiederholt wird, gibt es Opferpriester neben dem einzigen Priester Jesus Christus (beides sind verurteilte Häresien). Und dennoch gibt es sie: Die katholischen (wie auch die orthodoxen) Priester.
Dieser scheinbare Widerspruch ist Quelle zahlreicher Auseinandersetzungen mit evangelischen und evangelikalen Kritikern; ebenso gibt es auch innerhalb der katholischen Kirche Stimmen, die allein schon die Existenz des katholischen Priesters als Verrat an Jesus Christus betrachten. Manche Katholiken weisen deshalb dem katholischen Priester eher weltliche Aufgaben zu - vom Management der Gemeinde bis hin zur Moderation diverser Versammlungen. Das Zentrum dieser Katechese liegt also darin, das mittlerweile unbekannte Wesen des katholischen Priesterverständnisses zu verdeutlichen - ohne dem Priestertum Jesu Christi etwas hinzufügen oder zu nehmen.
Das Opfer Jesu Christi am Kreuz wird nicht wiederholt - sondern in jeder Messfeier vergegenwärtigt (siehe dazu: Der dreifache Opfercharakter der Messe). Das gleiche gilt auch für das Priesteramt in der katholischen Kirche. Der katholische Priester handelt "in persona Christi" - er ersetzt nicht das Handeln Jesu, sondern vergegenwärtigt es.
Okay, ich sehe ein: Das muss ich näher erklären.
Der Priester leiht Jesus seine Stimme und seinen Leib. In allem, was er tut, soll er transparent sein für Jesus, der durch ihn wirkt - vor allem aber, wenn er Sakramente spendet, die Eucharistie feiert, das Volk lehrt und leitet. In dem, was der Priester tut, wenn er seine Berufung erfüllt, wirkt Christus. (Nicht, weil der Priester das so will oder so gut kann, sondern weil Gott das so will und den Priester in seinen Dienst genommen hat. Das ist ein wichtiger Akzent!) Gleichzeitig nimmt der Priester den Auftrag des Volkes wahr und betet für die Gemeinde, verbindet immer wieder die Menschen mit Gott und schlägt Brücken zwischen den Sündern, die um Verzeihung bitten, und der Gemeinschaft der Heiligen.
Na - hast Du auch bei dem, was ich gerade geschrieben habe, den Priester im Messgewand vor Augen? Den Pfarrer oder den Kaplan? Dabei gilt all das, was im vorangegangenen Abschnitt steht, für ALLE Priester - sowohl für den geweihten Priester als auch für Dich - weil Du getauft bist und damit am Allgemeinen Priestertum teilhast.
Wir alle (zumindest alle getauften Christen), sind berufen, im Namen Gottes zu wirken. Er beauftragt uns in der Taufe, an seiner Stelle zu handeln. Wenn wir Christen reden, schlafen, essen, arbeiten und feiern, sind wir in allem, was wir tun, die Außenseite Gottes - sein LEIB. Unser Auftrag ist es, die Sünder mit Gott zu verbinden - durch unser Leben. Wir erinnern die Welt an ihren Schöpfer - durch unser Leben. Wir wirken das Heil für die Menschen - durch unser Leben. Alles das tun wir nicht aus eigener Kraft, sondern immer ist es Jesus Christus, der das alles in uns und durch uns bewirkt. Wir sind lebendiges Bild Christi, die erfahrbare Seite Gottes. Wir sind die einzige Bibel, die die Menschen heute noch lesen.
Es besteht also kein Unterschied zwischen dem geweihten Priester und dem allgemeinen Priestertum aller Gläubigen, wenn wir auf deren Auftrag, den Gott ihnen erteilt hat, schauen: Allen Christen ist der Auftrag gegeben, die Menschen in der ganzen Welt zu heiligen und zu retten - aber eben nicht durch eigene Kraft, sondern durch die Vollmacht, die Christus ihnen verliehen hat. Diese Vollmacht hat einen Namen: Der Heilige Geist. Durch Sein Wirken werden wir Getaufte zum "Christus" für die anderen; durch Sein Wirken sind wir in der Lage, durch unser Handeln, Reden und Denken Christus zu vergegenwärtigen.
Es mag für viele Menschen enttäuschend sein, dass Gott sich ihnen nicht in Glanz und Glorie offenbart und sie durch seine überwältigende Erscheinung zum Glauben führt. Aber Gott hat einen anderen Weg gewählt: Er nimmt uns Menschen in den Dienst; auch in den Dienst, IHN selbst zu erfahren. Dieses "In-Dienst-nehmen" geschieht für alle Menschen in der Taufe, in der wir zum "Allgemeinen Priestertum" berufen und befähigt werden.
Aber wir können uns in diesem Dienst selbst überbieten; indem wir beschließen, zum Realsymbol für die Liebe Gottes zu werden. Indem wir Priester werden oder heiraten. Im Gegensatz zu den Eingangssakramenten stärken diese beiden "Standessakramente" nicht nur die persönliche Gottesbeziehung der Empfänger, sondern versetzen diese vor allem in die Lage, andere zu stärken. Wie der Priester (aus Liebe zu den Menschen) bemüht ist, seiner Gemeinde in den Himmel zu helfen, nehmen die Eheleute genau diesen Dienst - wiederum aus Liebe - füreinander an.
Die "Standessakramente" verleihen die dazu nötige Gnade. Durch diese Sakramente sind Priester und Eheleute nun "im Stande", einander die Liebe Gottes zu schenken.
Exkurs: Ehe und Priestertum
Die Ehe und das Priestertum sind also nicht zwei entgegengesetzte Berufungen, wie mancher glaubt, der sich zwischen beiden entscheiden muss. Beide sind überraschend identisch: In beiden Berufungen geht es um eine Liebesbeziehung, in der man dem Geliebten den Himmel schenken will. Nur ist in der Ehe der (oder die) Geliebte eine einzelne Person - während der Priester sich wie Jesus Christus der "göttlichen Braut", also der Kirche vermählt - die nunmal aus vielen Personen besteht. (Aber dieser Unterschied ist geringer, als man glaubt; eine Gemeinde zu lieben ist genauso eine Herausforderung mit Höhen und Tiefen, wie die Liebe zum immer auch unvollkommenen Ehepartner).
Daher erklärt sich auch der Zölibat des Priesters, der seinen Leib in den Dienst der göttlichen Liebesvermittlung an die Gemeinde stellt (in Segen, Predigt, Gottesdienst und Sakramentenspendung), während der Verheiratete seinen Leib ebenfalls hingibt - aber zur Vermittlung der Liebe an den einen, geliebten und liebesbedürftigen Ehepartner.
Der katholische Priester ist also keine Fortführung des alttestamentlichen Priesters, sondern gründet sich im neuen Priesteramt Jesu Christi und Seinem Wunsch, bei allen Menschen - an allen Orten - durch alle Zeiten - gegenwärtig zu sein. Dabei wird - das haben die Kirchen der Reformation ganz gut erkannt - dieser Auftrag durch alle Getauften erfüllt - dem allgemeinen Priestertum.
Um das zu gewährleisten - die Getauften zu bestärken und zu befähigen - gibt es aber noch besondere Berufungen. Aber Vorsicht! Mit "besonders" ist nicht etwa "besser" oder "höherwertig" gemeint, sondern eher "speziell".
So ist zum Beispiel jeder Bürger für die Reinhaltung seiner Straße verantwortlich. Dennoch gibt es den besonderen Dienst der "Müllabfuhr" oder der "Straßenreinigung". Diese besonderen Dienste wollen die Menschen unterstützen - sie erheben sich nicht über den allgemeinen Dienst, sondern dienen ihm.So ist auch die Ehe eine "besondere Berufung", die das allgemeine Priestertum konkretisiert. Das gleiche gilt auch für den geweihten Priester: Er ist und bleibt ein Getaufter und damit auch ein zum allgemeinen priesterlichen Dienst Aufgerufener.
Darüber hinaus stellt er sich jedoch in den besonderen - d.h. also "speziellen" - Dienst, allen Getauften in der Ausübung ihres gemeinsamen Priesteramtes zu Diensten zu sein.
Zusätzlich. Klar! Denn ein geweihter Priester ist nicht davon befreit, mit seinem alltäglichen Leben weiterhin Zeuge der Erlösung zu sein. Es wäre ja noch schöner, wenn die Priester nur noch im Gottesdienst im Dienste Gottes stehen - aber nach dem Gottesdienst vor der Kirche Drogen verkaufen würde. Geweihte Priester sind also doppelt Priester - allgemein und besonders. Ob man darin eine "Doppelbelastung" oder eine "doppelte Gnade" sehen sollte, mag Ansichtssache sein.
Der geweihte Priester ist also kein Gegensatz zum gemeinsamen Priestertum aller Getauften, sondern dessen Ausfaltung. Der Priester dient allein dem Zweck, allen Christen die Ausübung des allgemeinen Priestertums zu ermöglichen - und dadurch selbst heilig zu werden.
Das ist das Wunderbare am priesterlichen Wirken: Es ist zunächst ein Wirken für den anderen - niemand sollte Priester werden, um dadurch etwas für sich zu gewinnen. Wenn er aber in diesem Sinne zu einer wirklichen Pro-Existenz wird - also zu jemandem, der nicht mehr für sich lebt, sondern für die anderen - heiligt er sich selbst.Das gilt ja auch schon für die Ehe: Wer versucht, ein wirklich Liebender zu sein und sogar bereit ist, sein Leben für den Ehepartner hinzugeben, wird gerade dadurch sein Leben erst gewinnen. Diese Parallele zur Ehe ist nicht zufällig: Der Priester ist in einem ganz hohen Maße Abbild der ehelichen Liebe.
Ich habe im Zusammenhang mit dem Beichtsakrament den Priester mit einem Telefonhörer verglichen - der Beichtende spricht hinein und die Antwort, obwohl sie aus dem Hörer kommt, stammt von Gott. Noch schöner wäre es, den Priester mit einem Wasserrohr zu vergleichen; denn obwohl der Priester nur den Wasserfluss ermöglichen soll - also den Gnadenfluss - wird er selbst dadurch gereinigt.
Wenn wir im Alltag Mönchen oder Nonnen begegnen, so hört man manchmal als Antwort auf die Frage, warum diese denn nicht heiraten, dass sie "mit Gott verheiratet" seien. Nun - in einem mystischen Sinne gilt das für jeden Christen; Gott hat einen eheähnlichen Bund mit uns geschlossen; "Glauben" heißt deshalb nichts anderes, als in diese Beziehung zu Gott einzutreten (siehe: Glaube ist Beziehung). Allerdings steht die Vollendung der Hochzeitsfeier noch aus; zur Zeit befinden wir uns eher in der Verlobungszeit. Wir sind die Braut, die Jesus Christus sich erwählt hat und die er sich bewahrt und bereitet bis zu dem Tag, an dem wir zum himmlischen Hochzeitsmahl geladen sind. An unzähligen Stellen im Alten und Neuen Testament wird dieses Bild aufgegriffen; vor allem Jesus freut sich sehr, uns immer wieder auf das noch ausstehende Hochzeitsmahl einzustimmen.
Mönche und Nonnen leben nun die allgemeine Berufung aller Christen in einem ausdrücklicheren und radikaleren Sinne, der dazu führt, dass sie sich ausschließlich der Vorbereitung auf dieses Hochzeitsmahl widmen wollen.
Der Priester gehört natürlich, weil er getauft ist, ebenfalls zu denen, die von Gott zur Braut erkoren wurden - aber das ist nicht der Grund, weshalb er (wie die Mönche und Nonnen) auf die Ehe verzichtet.
Im Gegenteil: Der Priester geht - wie die Eheleute - eine lebendige Liebesbeziehung in dieser Welt ein. Während ein Ehemann sich an seine Frau bindet (und umgekehrt), um diese zu lieben und zu heiligen und so in den Himmel zu führen (und ganz nebenbei sich auch dadurch selbst zu heiligen), so bindet sich der Priester an die Kirche, um diese zu heiligen.
Der Priester lebt im wahrsten Sinne des Wortes "in Ehe mit der Kirche" (in der speziellen Erscheinung seiner Gemeinde oder geistlichen Gemeinschaft). So, wie ein Ehepartner die Ehe nicht als Job ansieht, sondern als Lebensform, so ist der Priester auch nicht nur ein Kirchenfunktionär, sondern der "Ehemann" der Gemeinde.
Natürlich dürfen wir nicht vergessen, dass der Bräutigam der Kirche Jesus Christus bleibt; der Priester vergegenwärtigt Ihn - und Seine Liebe, Fürsorge und Zuwendung.So unterscheidet sich das Arbeitsverständnis des Priesters wesentlich von dem eines Sozialarbeiters. Dieser wird es immer noch als Arbeitszeit betrachten, wenn er am Abend mit dem ihm anvertrauten Jugendlichen ins Kino fährt oder Gespräche führt. Ein Priester wird jedoch - wie ein Vater oder eine Mutter - das Mitleben mit den Gemeindemitgliedern nicht als "Job" betrachten, sondern als Lebensinhalt. Und auch wenn der Priester noch nach Mitternacht zu einem Kranken oder Sterbenden gerufen wird, so gleicht auch das der Mutter, die mitten in der Nacht noch am Bett des kranken Kindes sitzt.
Ein Seelsorger, der sein Leben auf diese Art versteht, wird nicht von einem 16-Stunden-Tag reden; er wird die Stunden gar nicht zählen. Er lebt mit der Gemeinde, mit seinen ihm Anvertrauten, so wie der Ehemann oder die Ehefrau die Zeiten mit dem Partner nicht nach Stunden zählt, sondern als erfülltes Leben mit dem ihr Angetrauten (oder der ihm Angetrauten).
Ein emeritierter Bischof hat einmal betont, dass er seine Priester nicht für ihre Arbeit bezahlt, sondern dass er sie bezahlt, damit sie nicht arbeiten gehen müssen. Priester genießen das Privileg, in ständiger "Elternzeit" zu leben. Sie müssen sich ihren Unterhalt nicht durch diverse Jobs verdienen, sie sind dank der finanziellen Absicherung durch den Bischof frei, sich ganz ihrer Gemeinde zu widmen.
Der Priester als "pater familias" scheint im Urteil heutiger Theologen ein antiquiertes Modell, das als überwunden gilt - oder zu überwinden ist. Vermutlich liegt das daran, dass der Begriff des "pater familias" uneingeschränktes, oft autoritäres Herrschen zu implizieren scheint. Aber ein guter Vater, ein wirklich liebender Ehemann, wird vielleicht leiten - aber nicht herrschen. Alles, was zum Gelingen einer guten Ehe gesagt werden kann, muss auch vom Priester in seiner Gemeinde gesagt werden: Es ist seine Aufgabe, Charismen zu entdecken - nicht zu erzeugen; Fähigkeiten zu fördern - nicht zu beschneiden; Schwache zu stärken - nicht beiseite zu drängen; den Starken Barmherzigkeit zu lehren - nicht zu bekämpfen.
Der Dienst des Priesters ist es, dem gemeinsamen Priestertum aller Gläubigen zu dienen, ein Amt, dass nur gemeinsam, in Gemeinschaft mit der Kirche gelebt werden kann, weshalb der Priester immer auch ein Diener an der "Auferbauung der Gemeinde" (1 Kor 14,12) ist. Darin liegt seine einzige Existenzberechtigung. Er dient den Getauften aber nicht wie ein Dienstbote, sondern wie ein Ehepartner; denn im Unterschied zum Dienstboten kann ein Dienst der Liebe auch in der Leitung bestehen. Dazu gleich mehr unter "Priesterliche Aufgaben".
Aber auch wenn zum Dienst des Priesters die Leitung (zum Beispiel der Pfarrgemeinde oder in der "Seelenführung") gehört, ist der Priester genauso wie der Ehemann jemand, der selbst Heiligung erfahren muss und durch seine Liebesbeziehung erfährt. Er wird sich ohne Zweifel in Geduld und Nachsicht üben müssen; er darf das Zuhören nicht verlernen und muss sich immer wieder auf die Herausforderungen, Bereicherungen, Überraschungen und Perspektivenwechsel einlassen, die seine Gemeinde für ihn bereit hält. Jeder Priester lernt von seiner Gemeinde, denn dort gibt es Gnadengaben, die er selbst nicht besitzt. Nicht zuletzt ist jede Gemeinde und jedes Gemeindemitglied für sich schon ein Geschenk für den Priester, der sich (hoffentlich) allein schon an der Gnade erfreut, die Gemeinde lieben zu dürfen und von ihr getragen zu werden. Und selbst bei widerspenstigen Gemeinden (solche soll es geben) gilt es, die verborgene Schönheit ans Tageslicht zu holen - und sich an ihr zu erfreuen.
Eigentlich gilt die Liebe des Priesters der Kirche und nicht nur einer einzelnen Gemeinde (daran müssen sich einige Priester manchmal schmerzlich erinnern lassen). Deshalb ist ein Gemeindewechsel - um im Vergleich zu bleiben - nicht mit einer zweiten oder dritten Ehe zu vergleichen. Auch in der Ehe ist der Ehepartner nicht nur eindimensional und unveränderlich. In den jeweiligen Gesichtern der Gemeinden und jedes einzelnen Gemeindemitgliedes spiegelt sich, wie im sich in den jeweiligen Lebenssituationen entwickelnden Ehepartner und den unterschiedlichen Charakteren der Kinder, die gleiche Herausforderung wider wie in der Ehe: Den zu lieben und ihm treu zu bleiben, dem man die Liebe versprochen hat - auch wenn sein Erscheinungsbild sich ändert. Die Treue des Priesters zu seinem Dienst an der Kirche ist auch wie bei den Eheleuten gültig "in guten wie in schlechten Tagen:"
Das Ehe-Versprechen des Priesters:
Bischof: Willst Du die Kirche und alle in ihr eingegliederten Menschen lieben und achten und ihnen die Treue halten alle Tage deines Lebens? - Priester: Ja.
Bischof: Bist Du bereit, die Kinder anzunehmen, die Gott der Kirche schenken will, und sie im Geist Christi und seiner Kirche zu erziehen? - Priester: Ja.
Bischof: Bist Du bereit, als Priester der Kirche zum Diener der Getauften zu werden, damit diese ihre Mitverantwortung in der Kirche und in der Welt übernehmen können? - Priester: Ja.
Priester: Vor Gottes Angesicht nehme ich dich, meine Kirche und meine Gemeinde, als mir anvertraut an. Ich verspreche dir die Treue in guten und bösen Tagen, in Gesundheit und Krankheit, bis der Tod uns scheidet. Ich will dich lieben, achten und ehren alle Tage meines Lebens.
Natürlich ist das nicht das original Weiheversprechen der Priester, sondern das (von mir) umformulierte Trau-Versprechen der Eheleute. Aber, seid ehrlich: Das passt doch wunderbar, oder?
Wie auch im Trauungsgottesdienst werden die Eheleute und die Priester durch die Spendung eines Sakramentes "in den Stand versetzt", dieses Versprechen zu leben. Beim Priester sprechen wir von der "Priesterweihe".
Ein deutscher Adliger sagte einmal: «Abgesehen von seinen heiligen Weihen ist unser Pfarrer ein Esel» - offensichtlich lagen hier die menschlichen Fähigkeiten in den Augen des Barons im Argen. Aber der Baron wusste um eine andere Eigenschaft des Priesters: Seine heiligen Weihen.
Weihen? Was ist das und wofür soll das gut sein? - Gut, ich will's erklären:
Ein Priester wird eben nicht vom Volk als dessen Stellvertreter vor Gott gewählt. Gott erwählt sich seine Priester, denn der Priester soll ja "Stellvertreter Gottes" sein, also Jesus und Sein Handeln vergegenwärtigen. Deswegen gibt es keine alljährliche Priesterwahl, sondern eine Priesterweihe.
Denn in der Weihe wird (im Gegensatz zur Segnung) das oder der Geweihte aus der alltäglichen Bestimmung herausgelöst und für einen besonderen (speziellen), sakralen Bereich bestimmt. Das gilt auch für den geweihten Priester: Alle zum Priesteramt Berufenen (also alle Getauften) sind Zeichen der Gegenwart Gottes in dieser Welt; die Geweihten sind es zusätzlich im Bereich des Sakralen und der Liturgie.Die Weihe ist also keine demokratische Wahl, aber auch keine bloße Beauftragung durch das Volk oder den Bischof. Denn es geht nicht um eine Funktion, die der Priester übernimmt, sondern um ein Sein. Der Priester wird ganz und gar, mit Leib und Seele, in das hineingenommen, was Jesus getan hat. Wir nennen das auch die "besondere Teilhabe an Christi Priestertum". Denn das, was der Priester da tun soll, kann er nicht aus eigener Kraft. Priestersein übersteigt die menschlichen Kräfte, Priestersein braucht besondere Gnade. Darum ist die Weihe ein Sakrament; das Hauptzeichen der Weihe ist die Handauflegung, zu der das Weihegebet des Bischofs kommt.
Das Sakrament der Weihe ist dreigestuft: Diakon, Priester, Bischof (jede Weihestufe setzt zwingend den Empfang der vorangegangenen Stufe voraus). Die katholische Kirche gliedert sich in "Teilkirchen" (die Bistümer). Der Bischof ist, da er einer solchen Teilkirche zugeordnet ist, Priester im Vollsinn. Wenn die Kirche oder das Kirchenrecht gelegentlich von der "Ortskirche" sprechen, so ist damit nicht die Pfarrgemeinde gemeint, sondern das Bistum. Und das Bistum ist nur in dem Maße eine echte "Teilkirche", wie die Einheit der Kirche gewahrt wird. Wenn der Bischof (und zusammen mit ihm auch der Priester) im rechten Geist Christi handelt, ist er als echte Teilkirche mit allen anderen Teilkirchen (also Bistümern) gleichberechtigt ein Bild der Kirche.In der Diakonenweihe bekommt der Weihekandidat "eingeschränkte priesterliche Vollmachten" (z.B. zur Predigt und zur Assistenz bei der Eheschließung); in der Priesterweihe erhält er die "ordentlichen Vollmachten" des Priesters (z.B. zur Leitung einer Pfarrgemeinde, der Eucharistiefeier vorzustehen oder die Beichte zu hören); mit der Bischofsweihe werden die außerordentlichen Vollmachten verliehen (z.B. die Vollmacht, das Firmsakrament und die Weihe zu spenden und das Bistum zu lehren und zu leiten). Bevor der Bischof kraft seines Amtes diese Vollmachten verleiht ("kraft seines Amtes" heißt soviel wie: "In persona Christi" - also als Seine Vergegenwärtigung), geben die Weihekandidaten ihre Weiheversprechen ab.
Die Weiheversprechen
Bei der Diakonenweihe verspricht der Diakon:
- Bereitschaft, sich zum Dienst der Kirche weihen zu lassen
- Den Dienst des Diakons in selbstloser Hingabe zur Unterstützung des Bischofs und der Priester und zum Wohl des christlichen Volkes auszuüben
- Den Schatz des Glaubens zu hüten und ihn gemäß dem Evangelium und der Überlieferung der Kirche in Wort und Tat zu verkünden
- (bei nicht verheirateten Kandidaten:) Ehelosigkeit um des Himmelreiches willen, diesem Vorsatz treu zu bleiben und in dieser Lebensform Gott und den Menschen zu dienen
- Bereitschaft, aus dem Geist der Innerlichkeit zu leben, ein Mann des Gebetes zu werden und das Stundengebet treu zu verrichten
- Den Armen und Kranken, den Heimatlosen und Notleidenden zu helfen
- Sein eigenes Leben nach dem Beispiel Christi zu gestalten
- Ehrfurcht und Gehorsam gegenüber dem Bischof und seinen Nachfolgern
- (bei verheirateten Kandidaten durch die Ehefrau:) Unterstützung des Diakons in seinem Dienst
Bei der Priesterweihe verspricht der Priester:
- Bereitschaft, das Priesteramt als zuverlässiger Mitarbeiter des Bischofs auszuüben und so die Gemeinde umsichtig unter Führung des Heiligen Geistes zu leiten
- Den Dienst am Wort Gottes (Verkündigung des Evangeliums und Darlegung des katholischen Glaubens) treu und gewissenhaft zu erfüllen
- Die Sakramente gemäß der Überlieferung der Kirche zu feiern
- Zusammen mit dem Bischof im Gebet das Erbarmen Gottes für die Gemeinde zu erflehen
- Den Armen und Kranken, den Heimatlosen und Notleidenden zu helfen
- Sich mit Christus tagtäglich enger zu verbinden (hier lautet die Antwort „Mit Gottes Hilfe bin ich bereit" statt „Ich bin bereit")
- Ehrfurcht und Gehorsam gegenüber dem Bischof und seinen Nachfolgern
Bei der Bischofsweihe verspricht der Bischof:
- Bereitschaft, im Bischofsamt bis zum Tod zu dienen
- Das Evangelium treu und unermüdlich zu verkünden
- Das von den Aposteln überlieferte Glaubensgut der Kirche rein und unverkürzt weiterzugeben
- Einheit mit dem Bischofskollegium (in der römisch-katholischen Kirche auch mit dem Papst)
- Gehorsam gegenüber dem Papst (nur in der römisch-katholischen Kirche)
- Zusammen mit den Priestern und Diakonen für das Volk Gottes wie ein guter Vater zu sorgen
- Den Armen, Heimatlosen und Notleidenden zu helfen
- Den Verirrten als guter Hirte nachzugehen und sie zur Herde Christi zurückzuführen
- Für das Heil des Volkes Gottes zu beten und das hohepriesterliche Amt auszuüben
In der Weihe bekommt der Diakon, Priester oder der Bischof, den Auftrag, der Kirche - also der Gemeinschaft der Getauften - zu dienen und sie dazu zu befähigen, ihr Allgemeines Priestertum zu verwirklichen, sie darin zu bestärken und zu befähigen. In diesem Dienst, in dem Jesus persönlich zugegen ist und wirkt, bringen Diakon, Priester und Bischof auch die heutige Gemeinde mit Jesus in Berührung. Nicht nur "fast so, als wenn er wirklich anwesend wäre", sondern so, dass er wirklich anwesend ist.
Das ist so, als wenn Du den Auftrag bekommt, einem Asthma-Kranken "Gute Besserung!" zu sagen. Wenn das eine wirkliche Zusage ist, wird Dir der Auftraggeber auch die nötigen Mittel mitgeben, damit die "gute Besserung" auch eintritt: Medikamente, zum Beispiel. Wenn der Auftraggeber wirklich perfekt sein will (oder ist), macht er Dich zum Arzt. Dann kannst Du nicht nur hingehen und gute Besserung wünschen und die Medikamente abgeben, die Dir mitgegeben worden sind, sondern Du kannst auch noch selbst schauen, was jetzt zu tun ist und eine Therapie vorschlagen. Beides gehört zusammen: Was nutzen die Medikamente, wenn der Asthma-Kranke nicht mit dem Rauchen aufhört? Oder immer noch im Kohlebergwerk arbeitet? Er sollte nicht nur die Medikamente nehmen, sondern auch noch auf Deine Ratschläge zur Lebensführung hören.Genauso bekommt der Priester also nicht nur die geistliche Vollmacht, die nötigen "Medikamente" (sprich: Sakramente) zu spenden, sondern auch noch die Leitung der Gemeinde zu übernehmen. Beides gehört zusammen.
Der Priester sollte aber aufpassen, dass er Priester bleibt - und nicht Leitung übernimmt, wo er gar keine Vollmacht hat. Ich bin mir ziemlich sicher, dass Gott (trotz seiner unendlichen Vorsehung) dem Priester nicht mit der geistlichen Vollmacht die Fähigkeit zur Errichtung von einsturzsicheren Pfarrheimen und lebensfrohen Pfarrfamilienfesten gegeben hat. Da haben andere von Gott vielleicht eher eine Begabung geschenkt bekommen. Wenn es aber um die Planung von Katechesen oder die Gestaltung von Gottesdiensten geht, sieht die Sache doch wieder a nders aus.
Ein Priester lebt nicht anders, damit er dann vom Volk aufgrund dieser Eigenschaften zum Priester gewählt wird. Wir sollten nicht vergessen, dass Gott sich seine Priester ruft und (durch den Dienst des Bischofs) weiht. Gott ist es, der beruft, die Kirche prüft lediglich. Der Einzelne erfährt die Berufung auf geistliche Weise: Er fühlt sich innerlich angezogen von dem Dienst des Priesters; er betet gerne und ist gerne für Menschen da.
Bei mir ist das entscheidend gewesen für die Frage, ob ich zum Priester berufen bin. Ich brauche die Nähe Gottes und der Menschen. Würde mir die Nähe Gottes genügen, so habe ich mir gesagt, könnte ich auch ins Kloster gehen. Eine feine Sache, finde ich. Aber mir würden die Menschen fehlen, deren Leben ich teilen möchte. Wäre ich auf der anderen Seite mit der Nähe der Menschen zufrieden und bräuchte Gott nicht so sehr, hätte ich auch Sozialarbeiter werden können. Aber beides verbindet sich (zumindest für mich) auf eine einmalige Art und Weise im Priestertum. Das, so bin ich mir sicher, ist meine Berufung.Die Frage der Berufung, wie man sie entdeckt und sich irgendwann sicher sein kann, bedarf einer eigenen Katechese (dabei geht es ja nicht nur um die Berufung zum Priestertum!). Ich kann sie jedem zur Lektüre empfehlen - denn jeder Getaufte hat eine Berufung.
Der Ehepartner wird seine "ehelichen Pflichten" normalerweise nicht als "Aufgaben" ansehen, die es zu erledigen gilt; wer wirklich und wahrhaft liebt, kennt keine lästigen Pflichten, sondern nur Liebesdienste, die er mit Hingabe erfüllt. Aber es sind auch in der Ehe Verwirrungen denkbar, dass nicht mehr klar ist, was dem Ehepartner vorbehalten ist - und was eventuell auch die beste Freundin oder der Hausfreund darf. Ich will nicht näher darauf eingehen - aber mir sind durchaus eklatante Ehebrüche bekannt, bei denen alle Beteiligten irgendwie glaubten, Gutes zu tun und im Recht zu sein.
Das gleiche gilt natürlich auch für den Dienst des Priesters. Im Normalfall wird der Priester gerne und leidenschaftlich seine Aufgaben erfüllen - er ist ja deshalb Priester geworden, weil er diesen Dienst zu seiner Lebensaufgabe machen will. Aber es gibt immer wieder Anfragen (mit denen wir diese Katechese begonnen haben), die verwirren und eine Aufhebung der Rechte (und Pflichten) der Priester verlangen... Deswegen halten wir uns zunächst die priesterlichen Aufgaben selbst noch einmal vor Augen.
Der Dienst des Priesters besteht zu allererst in der Feier der Eucharistie. Dadurch werden die Getauften, die an der Feier teilnehmen, nicht nur für ihren Dienst gestärkt - sondern durch den Empfang des Leibes Christi werden sie selbst zum Leib Christi.
So werden die Getauften durch den Empfang des Leibes Christi in ihrem gemeinsamen Priesteramt bestärkt; denn "Leib werden" meint ja nichts anderes als die Vergegenwärtigung Jesu in der Welt: So wie der Leib die Außenseite der Seele ist, sind die Christen (mit Leib und Seele) die Außenseite Gottes.Die Feier der Eucharistie ist "Quelle und Höhepunkt" des christlichen Lebens und Zentrum der Gemeinde. Im Empfang der Eucharistie nehmen wir die Erlösungstat Jesu für uns an; das in der Taufe begonnene Leben in Christus wird durch die Eucharistie genährt und lebendig erhalten. Schon von Anfang an hatte die Kirche den Auftrag Jesu: «Tut dies zu meinem Gedächtnis!» (Lk 22,19) als Auftrag an die neuen Priester verstanden; auch wenn dieser Auftrag zunächst an die Apostel gerichtet und von ihnen wahrgenommen wurde.
Aber Jesus hat die Apostel nicht nur mit der Aufgabe betraut, das Opfer Jesu in jede Gegenwart hineinzuholen (auch in unsere), sondern auch das, was das Opfer Jesu bewirkt hat: Unsere Versöhnung mit Gott, vermittelt im Sakrament der Beichte.
„Nachdem er das gesagt hatte, hauchte er sie an und sprach zu ihnen: Empfangt den Heiligen Geist! Wem ihr die Sünden vergebt, dem sind sie vergeben; wem ihr die Vergebung verweigert, dem ist sie verweigert." (Joh 20,22f)
Diese beiden Dinge sind Kern des priesterlichen Wesens: Die Eucharistie zu feiern und die Sünden zu vergeben. (Damit verbunden ist auch die Pflicht, eine entsprechende Hinführung zu den Sakramenten zu gewährleisten).
Ebenfalls dem Priester vorbehalten ist die Spendung des Sakramentes der Krankensalbung, weil in der Regel mit diesem Sakrament die sakramentale Vergebung der Sünden verbunden ist.
Das Sakrament der Taufe sollte zwar der Pfarrer einer Gemeinde spenden, kann aber im Notfall von jedem Menschen gespendet werden; auch das Sakrament der Ehe spendet nicht der Priester, sondern spenden sich die Eheleute selbst. Die Sakramente der Weihe und der Firmung sind dagegen bischöfliche Vollmachten.
Dem Priester vorbehalten ist außerdem die Leitung einer Pfarrgemeinde und die Predigt in der Messe (die Predigt kann allerdings auch einem Diakon übertragen werden). In beiden Aufgaben übt der Priester nicht nur seinen Dienst an den Getauften aus, indem er sie leitet und lehrt. Er vergegenwärtigt in der Gemeindeleitung und der Predigt auch Christus als Haupt der Kirche, so dass die Getauften durch die Annahme der Leitung (oft nicht ganz unzutreffend mit "Gehorsam" umschrieben) ihre Einordnung in Christus erneuern.
Besonders in dieser Frage regt sich mancherorts massiver Widerstand. Angesichts des Priestermangels wird gefordert, dass auch Laien die Gemeindeleitung und den Predigtdienst übernehmen dürfen. Es mag sogar ganz richtig sein, dass viele Laien für den einen oder den anderen Dienst besser qualifiziert sind als andere, eventuell minderbegabte Priester. Aber...:Es geht sowohl bei der Gemeindeleitung als auch bei der Auslegung des Evangeliums nicht um eine Informationsweitergabe von oben nach unten; dann könnte man tatsächlich die besten Redner und Lehrer mit der Predigt beauftragen. Nein, es geht vielmehr um ein Zusammenfinden von Hirt und Herde, Verkündiger und Hörer des Wortes. Die Getauften, die im gemeinsamen Priestertum der Welt gegenüber zu Großem berufen, erinnern sich daran, dass sie ihre Gabe und ihren Auftrag durch Christus empfangen haben - und fügen sich im Hören der Predigt wieder in die Reihe der Empfangenden ein. Wir ordnen uns in der Pfarrgemeinde, Feier des Wortes und in der Eucharistiefeier (ja, sogar im Kommunionempfang) wieder dem Herrn unter und ein. Es ist für manche Laien - aber auch für manche Priester - nicht leicht, diesen Platz einzunehmen und auszufüllen. Aber auch hier handelt es sich um einen priesterlichen Dienst "in persona Christi capitis" an den Getauften; denn allzu schnell vergisst der "in Christus handelnde Christ", dass er nicht der Herr selbst ist - sondern Diener der Freude.
Leider gibt es Priester, die im Gegenüber zur Gemeinde der gleichen Versuchung erliegen und sich zum Herrscher der Gemeinde und zum Herren des Glaubens aufspielen - und ebenfalls vergessen, sich im Gehorsam und Dienen zu üben. Dafür - für Priester, die das Dienen verlernen - gibt es gottseidank den Bischof. Auf den muss auch der Priester hören. Wenn er es nicht mehr kann, muss er es halt wieder lernen.Wahre Leitung ist ein echter Dienst - kein Machtgeschenk. Denn Leitung bedeutet ja, andere zur Geltung zu bringen, ihnen Mut zu machen, ihre eigene Berufung zu entdecken und zu leben. Berichte von herrschsüchtigen Ehemännern (oder Ehefrauen) und Priestern lassen immer wieder erkennen, dass diesen Fehlformen kein Übermaß an Leitung, sondern ein Leitungsmangel zugrunde liegt. Eine gute Leitung ist ein oft mühsamer und aufopferungsvoller Dienst - und es bedarf großer Geduld und einer starken Persönlichkeiten, um diesen Dienst gerecht zu werden.
Leitung bedeutet vor allem auch: Verantwortung tragen. So wie der Abt eines Klosters muss auch der Priester als Hirte Gottes Rechenschaft ablegen über seinen Dienst. So kann ich auch dem Priester, der zwar kein Abt ist, aber in der Pfarrgemeinde wirkt, die Lektüre der Regel des Hl. Benedikt empfehlen!
Leider gibt es zur Priesterkleidung in der modernen Gesellschaft kaum noch eine Entsprechung - aus den ehemaligen "Standesbekleidungen" sind inzwischen Uniformen oder Arbeitsbekleidungen geworden, die nur noch getragen werden, solange eine bestimmte Funktion erfüllt wird. Ein Polizist ist außerhalb seiner Dienstzeit ebenso wenig an der Kleidung zu erkennen wie ein Richter, ein Arzt oder ein Politiker; selbst die übriggebliebenen Könige und Königinnen sind (mehr oder weniger) modisch gekleidet.
Die Priesterkleidung ist nunmal nicht mit der Berufsbekleidung zu vergleichen, sondern eher mit der Kleidung, die früher eine verheiratete Frau von einer unverheirateten unterschied - oder einen Familienvater von einem Junggesellen. Ähnliches kennt man heute nur noch vereinzelt, wenn z.B. nach dem Tod des Ehepartners für eine gewisse Zeit "schwarz" getragen wird. In manchen volkstümlichen Trachten kann man noch erkennen, welchem "Stand" die jeweilige Person angehört (so sind z.B. die Stoffkugeln der Kopfbedeckung bei unverheirateten Frauen aus dem Schwarzwald rot - und schwarz bei verheirateten Schwarzwälderinnen).
Der Priester hat dagegen die Standesbekleidung beibehalten; so ist bis auf den heutigen Tag der Priester auch außerhalb der Liturgie an einer besonderen Kleidung zu erkennen. Die Verpflichtung, priesterlich gekleidet zu sein, gilt immer noch (auch wenn es vorübergehend eine inzwischen wieder abnehmende Anzahl von Priestern gab, die sich dazu nicht durchringen konnten). Worin genau die jeweils verpflichtende Priesterkleidung besteht, ist regional geregelt - die jeweiligen Bischofskonferenzen müssen regelmäßig eine Kleiderordnung erlassen (die Bestandteil der sogenannten "Partikularnormen" ist).
Für das deutsche Sprachgebiet gibt es drei Varianten: Zunächst die klassische, aus Don-Camillo-Filmen bekannte Soutane (das lange, schwarze Priesterkleid mit einer Schärpe in schwarz für Priester, violett für Bischöfe und rot für Kardinäle), als zweite Möglichkeit ist schwarze Kleidung mit einem sogenannten Priesterhemd (mit Priesterkragen) vorgesehen, und drittens - in begründeten Ausnahmefällen - der schwarze Anzug mit einem Kreuz am Revers.
Da früher der schwarze Stoff sehr teuer war und viele arme Priester nur eine einzige Soutane besaßen, die sie über Jahre (z.T. Jahrzehnte) hinweg trugen, wurde die Soutane zunächst durch einen weißen Überwurf geschont; später wurde dieser Überwurf (französisch: Rochette) zur liturgischen Kleidung außerhalb der Messfeier (die sogenannte "Chorkleidung").
Das priesterliche Amtszeichen, das der Priester immer dann trägt, wenn er Sakramente spendet, Segensfeiern oder Gottesdiensten vorsteht, ist die Stola - ein schmales Stoffband, das er über Nacken und Schulter legt und bei der Messfeier über der Brust kreuzt.
Die Stola ist aus dem Gebetsschal der Juden entstanden und so vermutlich bis in die Zeiten Jesu zurückzudatieren. Die Farbe der Stola wird entweder dem Kirchenjahr angepasst - oder dem jeweiligen Zweck entsprechend getragen (bei der Beichte ist die Stola immer violett, bei einem sakramentalem Segen immer weiß).
Die Stola trägt der Priester über der Soutane und über dem Rochette, aber unter dem Messgewand. Viele Priester küssen die Stola, bevor sie sich diese umlegen - daran wird deutlich, dass sie ihr Amt und die damit verbundenen priesterlichen Aufgaben aus Liebe übernehmen.
Besonders deutlich wird an den Gewändern, die der Priester zur Messfeier anlegt, dass er jetzt "in persona Christi" handelt.
Als erstes bekleidet sich der Priester mit dem Schultertuch, das bei den Beduinenvölkern den ganzen Kopf umhüllte und vor eindringenden Sand schützte: Ein sogenanntes Staubtuch (lateinisch: "amict").
Dann folgt ein langes, weißes Gewand - die Albe (das ist lateinisch und heißt "Das Weiße"). Sie sollte eigentlich in einem durchgewebt sein - wie auch das Gewand Jesu, das die Soldaten unter dem Kreuz Jesu nicht zerteilen wollten (und darum gewürfelt haben), weil es "von oben bis unten in einem durchgewebt und ohne Naht war" (Joh 19,23f).
Darauf "gürtet" sich der Priester mit dem Zingulum (einer Kordel, die doppelt um die Hüfte geknotet wird). Auch das ist üblich gewesen zur Zeit Jesu, richtige Ledergürtel wie heute üblich gab es in Israel nicht.
Danach legt der Priester die Stola an, die an den Gebetsschal ("Tallit") der Juden erinnert. Im Judentum ist er allerdings breiter und wurde über den Kopf und die Schultern getragen.
Schließlich folgt das Messgewand. Das ist eigentlich eine große, bunte Decke mit einem Schlitz in der Mitte für den Kopf - das Festgewand der normalen Leute. Ein richtiges Gewand mit Ärmeln war die große Ausnahme. Auch das wissen wir aus der Bibel: Die Besonderheit des Ärmelrocks wird in der Josefsgeschichte genauso erwähnt wie der Brauch, sich bei den Hochzeiten mit besonderen Hochzeitsgewändern zu bekleiden; diese Hochzeitsgewänder - wahrscheinlich eher "Ponchos" wie das Messgewand - und wurden allen Hochzeitsgästen leihweise zur Verfügung gestellt.
Warum diese Kleidung beibehalten wurde, ergibt sich aus dem Gesagten: Es handelt sich um die Kleidung, die auch zur Zeit Jesu getragen wurde und dem priesterlichen Dienst "in persona Christi" angemessen ist.
Wer kommt nicht häufig durcheinander, wenn er nach der richtigen Anrede für einen Priester sucht? Andere Länder haben es einfacher: So werden grundsätzlich alle Geistlichen in England und Amerika mit "Father" angeredet (in Italien mit "Padre", in Spanien und Lateinamerika mit "Don"). In Deutschland gibt es (leider) keine einheitliche Anrede, und so stellt sich die Frage, wer denn nun was ist: Pfarrer - Pastor - Kaplan - Vikar - Priester...?
Nun, ein "Pfarrer" ist ein auch staatsrechtlich geschützter Titel, der nur von denen geführt werden darf, die Leiter einer staatsrechtlich anerkannten Pfarrgemeinde sind. Das können übrigens sowohl katholische, als auch evangelische Pfarrer (in der evangelischen Kirche auch Pfarrerinnen) sein. (Wer sich "Pfarrer" nennt, ohne es zu sein, begeht auch eine staatlich verfolgte "Amtsanmaßung").
Ein "Pastor" dagegen ist kein rechtlich geschützter Titel. Jeder kann sich, wenn er es möchte, "Pastor" (oder "Pastorin") nennen. Pastöre gibt es sowohl in der katholischen als auch in der evangelischen Kirche (die vor allem im Süden Deutschlands verbreitete Ansicht, "Pfarrer" sei katholisch und "Pastor" evangelisch, ist also nicht korrekt!). "Pastor" heißt übersetzt einfach nur "Hirte".
Kapläne und Vikare sind sogenannte Hilfsgeistliche, die es wiederum sowohl in der evangelischen als auch in der katholischen Kirche gibt. Während die Vikare in der evangelischen Kirche noch in der Ausbildung sind, sind katholische Vikare schon geweihte Priester und können unter Umständen ein Leben lang die Aufgabe eines Vikars übernehmen.
Was genau die Aufgabe eines Kaplans oder Vikars ist, ist regional sehr verschieden; "Vikar" heißt wörtlich übersetzt zunächst nur "Stellvertreter".
Alle diese Titel sind sowohl evangelisch, als auch katholisch gebräuchlich. Das gilt jedoch nicht für den Begriff "Priester"; wie schon erwähnt, haben Luther und auch die anderen Reformatoren, das Weihe-Priestertum abgelehnt - und abgeschafft. Die Aufgaben des geweihten Priestertums gingen an alle Getauften über, die ja teilhaben am "Allgemeinen Priestertum".
Im Grunde haben aber die Reformatoren auch das Allgemeine Priestertum abgeschafft; eine Mitwirkung am Heil der Menschen und der Heiligung der Welt, wie sie im Allgemeinen Priestertum zum Ausdruck kommt, lehnte Luther ab. Besonders die evangelikalen Kirchen sträuben sich grundsätzlich, eine Stellvertretung und eine endgültige, dauerhafte Bindung Gottes an menschliches Tun zu akzeptieren. Das Heil wirkt Gott - sonst niemand, auch nicht die Getauften. Eine Mitwirkung an der Erlösung gibt es nicht - somit weder ein besonderes noch ein allgemeines Priestertum.Ein katholischer Pfarrer z.B. ist immer auch Priester, ein evangelischer Pfarrer dagegen lehnt es strikt ab, als "Priester" bezeichnet zu werden.
Es ist also nicht korrekt, wenn Zölibatskritiker auf die evangelischen Pfarrer verweisen und behaupten: "In der evangelischen Kirche können die Priester doch auch heiraten!" In der evangelischen Kirche gibt es keine Priester.So besuchen die angehenden evangelischen Pfarrer und Pfarrerinnen das "Predigerseminar", während die katholischen Priesteramtskandidaten nach wie vor das "Priesterseminar" durchlaufen.
Auch wenn wir auf unserer Seite eine ausführliche Katechese zum Zölibat anbieten, in der diese Frage von allen Seiten beleuchtet wird, ist der eigentliche Grund schon deutlich geworden: Der Priester kann deshalb nicht heiraten, weil er bereits verheiratet ist: Mit der Kirche. Für sie lebt er, wie auch ein Ehemann für seine Frau und seine Familie lebt. In ihr erkennt er Christus - wie auch die Eheleute im anderen Christus erkennen.
Das ist nicht nur ein pragmatisches Argument ("Ein Priester verbringt soviel Zeit mit seiner Gemeinde, dass für eine Ehe keine Zeit mehr bleibt" - "Ein Priester ist mit seinem Beruf verheiratet"); denn auch andere Berufe (z.B. ein Hausarzt oder ein Feuerwehrmann) stehen in der Spannung zwischen Berufsausübung (vor allen in Notfällen) und Familie.
Der Priester ist nicht nur aus Zeitgründen unverheiratet, sondern aus Neigung; er ist nicht mit seinem Beruf verheiratet, sondern mit den Menschen seiner Kirche - weil er in ihnen Christus erkennt und liebt.
Und auch diese Frage bedarf einer eigenen Klärung, die diese Katechese sprengen würde, aber an anderer Stelle ausführlich erfolgt ( Das Priestertum der Frau). Aber auch hier ein kleiner Ausblick:
Vor allem ist es wichtig, sich und den Kritikern einzugestehen, dass es in dieser Frage keine logisch-theologische Beweisführung gibt, die aus allgemeinen Prinzipien stichhaltig das Priestertum der Frau als unmöglich erweist. Vielmehr ist die Unmöglichkeit des Priestertums der Frau (seit 1994 übrigens endgültig dogmatisiert) nur mit Analogien und dem Traditionsargument nachvollziehbar.
Zu den Analogien gehört ebenfalls die Parallele zwischen Priestertum und Ehe. Der Priester, der den Bräutigam Christus repräsentieren und die Erinnerung an ihn wach halten soll, um die Kirche insgesamt an ihre Stellung als "die Hochzeit erwartende Braut" zu erinnern, vergegenwärtigt Jesus Christus nicht nur in einem allgemein menschlichen Sinne - so, als wenn es nur auf Jesu Anwesenheit ankommt -, sondern die Vergegenwärtigung umfasst gerade und ganz besonders seine Rolle als Bräutigam. Deshalb (u.a.) hat die Kirche schon von Anfang an, durch alle Zeiten, daran festgehalten, dass nur Männer zu Priestern geweiht werden können.
Noch ein letzter Gedanke sei mir hier erlaubt - sozusagen in eigener Sache. Ein Kollege an der Schule hat mir vor Jahren, als ich dort meinen Dienst antrat, die Weisheit mit auf den Weg gegeben: "Lehrer und Priester werden fürs Bemühen bezahlt - nicht fürs Erreichen." Wir Priester stellen nichts her (auch, wenn viele Priester gerne bauen, umbauen oder pflanzen) und wir produzieren nichts. Unsere Aufgabe ist es nicht, möglichst viele Menschen in die Kirche zu locken, die Gottesdienste zu füllen - und die Kirchenkassen nebenbei auch. Unsere Aufgabe ist es nicht, Gemeindestrukturen am Leben zu erhalten - sondern denen zu Diensten zu sein, die glauben und ihren Glauben leben möchten.
Das ist ein großer Unterschied. Auch wenn zuvor immer vom Priestertum wie von einer Ehe zwischen dem Priester und der Kirche gesprochen wurde - die Gemeinde selbst ist nur ein Hilfskonstrukt. In Wirklichkeit besteht die Gemeinde ja aus vielen einzelnen Gotteskindern, die alle liebenswert sind und für die der Priester alles geben wird, um in ihnen die Gottesbeziehung lebendig zu erhalten. Das muss aber nicht immer gleichbedeutend mit der Erhaltung von kirchlichem Vereinsleben sein.
In dem (unter filmischen Gesichtspunkten eher mittelmäßigen) Film "Briefe an Gott" (Letters to God) schreibt ein krebskranker Junge seine Sorgen und Nöte in Briefen an Gott, die letztlich dazu führen, dass die Mutter und der Bruder, die halbe Nachbarschaft, der Postbote, ein Schulkamerad und die beste Freundin sich gegenseitig im Glauben zur Seite stehen. Ach ja - der Pfarrer kommt auch kurz vor. Aber er spielt keine entscheidende Rolle (in einer Szene, in der sich eine plötzliche Geburt ankündigt, macht er sogar eine eher hinderliche Figur).Wir Priester fragen uns selbst - und werden auch oft von außen gefragt - ob dieser Weltjugendtag oder jene Nightfeververanstaltung, ob diese Katechese oder jene Predigt wirklich etwas nützt - und meinen mit "Nutzen", ob sich an den messbaren Besucherzahlen in der Gemeinde etwas zeigt. Wer so fragt, ist schon auf dem Holzweg.
Auch wenn dieser Film im evangelikalen Amerika spielt, ist damit etwas ganz Wesentliches auch für uns Katholiken ausgedrückt: Der Priester stärkt in der Gemeinde alle Getauften - was diese dann jedoch aus ihrem Gemeindeleben und den gespendeten Gnadengaben machen, ist deren Aufgabe.
Viele Wege der Heiligkeit werden als lange Wegstrecken im Verborgenen gegangen; Worte, die Leben verändern können, wirken manchmal erst Jahrzehnte, nachdem sie gesprochen wurden; die Wunder der Bekehrung und Umkehr bleiben manchmal bis zur Ewigkeit unentdeckt. All das soll uns ermutigen, bei allem priesterlichen Wirken nicht auf den Effekt, sondern auf das Tun selbst zu schauen. Wir Priester sollen nicht zählen und nicht rechnen - wir werden fürs Bemühen bezahlt, nicht fürs Erreichen.